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Potsdam Potsdam: Die Babelsberger Traumfabrik feiert

Von Michael Ossenkopp 11.11.2011, 16:19

Halle (Saale)/MZ. - Vor 100 Jahren im Herbst wurde der Grundstein gelegt für die Filmstadt Babelsberg. Über den Winter entstand in nur drei Monaten das erste kleine Filmstudio. Am 12. Februar 1912 fällt die erste Klappe für den Film "Totentanz", ein Stummfilm mit der dänischen Schauspielerin Asta Nielsen in der Hauptrolle. Was mit ihr begann, wird schon bald zu einem führenden europäischen Filmzentrum. Namhafte Filmemacher wie Ernst Lubitsch, Friedrich Wilhelm Murnau, Fritz Lang und Josef von Sternberg schaffen die Grundlage für den Mythos Babelsberg.

In einer eigens gebauten, 5400 Quadratmeter großen Aufnahmehalle dreht Lang ab 1926 seinen Stummfilm-Klassiker Metropolis, dabei beschäftigt er mehr als 36 000 Akteure. 1929 beginnt mit dem ersten deutschen Tonfilm "Melodie des Herzens" ein neues Kapitel der Filmhistorie. Ab 1933 weht über dem Babelsberger Gelände ein neuer, anderer Wind. Unter den Argusaugen von Hitlers Propaganda-Minister Joseph Goebbels wird meist nur noch systemkonforme Unterhaltung produziert. Regisseure wie von Sternberg, Lubitsch und Billy Wilder und Stars wie Marlene Dietrich verlassen das Land in Richtung Hollywood. Die Dreharbeiten zum ersten deutschen Nachkriegsfilm beginnen Anfang Mai 1946, noch vor der eigentlichen Gründung der Deutschen Film AG (DEFA). Wolfgang Staudte dreht "Die Mörder sind unter uns".

Ab 1950 blockiert die Zensur der SED die Filmschaffenden immer stärker, manche Streifen verschwinden ungesehen im Archiv. Internationale Anerkennung für die Filme aus volkseigener Produktion gibt es nur sporadisch, allerdings gelingt 1977 Frank Beyers "Jakob der Lügner" als einzigem DDR-Film eine Oscar-Nominierung. Bis 1990 produziert die DEFA in Babelsberg 1 240 Spiel- und Fernsehfilme.

1992 kauft der französische Konzern Vivendi das Gelände von der Treuhand und investiert 500 Millionen Euro in Filmstudio und Medienstadt, aber der unternehmerische Erfolg bleibt zunächst aus. Erst als sich der regionale Rundfunk- und Fernsehsender ORB ansiedelt, entsteht nach und nach auch der Medienstandort Babelsberg. Im Jahr 2004 erwirbt die Beteiligungsgesellschaft FBB - Filmbetriebe Berlin Brandenburg GmbH die Filmstadt und gründet im Jahr darauf die Studio Babelsberg AG. Heute sind in Potsdam rund 2000 Menschen in der Film- und Medienbranche beschäftigt, nicht rein zufällig waren hier die erste Filmhochschule und das erste Filmmuseum Deutschlands entstanden. Nach den Erfolgsfilmen "Sonnenallee" von Leander Hausmann und "Good Bye Lenin" von Wolfgang Becker wird das Filmstudio mit Beginn des 21. Jahrhunderts auch immer mehr Schauplatz für internationale Großproduktionen wie "Duell - Enemy at the Gates" mit Jude Law, "In 80 Tagen um die Welt" mit Jackie Chan und "Operation Walküre" mit Tom Cruise. Für Tom Tykwers Thriller "The International" baut man in Babelsberg sogar das New Yorker Guggenheim Museum nach.

Die internationalen Filmteams profitieren von dem gigantischen Kostümfundus und den insgesamt über eine Million Requisiten in Babelsberg. Für Unterwasser- und Actionaufnahmen steht dort Deutschlands größter Wassertank bereit, er fasst eine halbe Million Liter und ist vier Meter tief. Ebenso einzigartig ist das Flugzeugset, der detailgetreue, 20 Meter lange Nachbau einer modernen Passagiermaschine, inklusive Cockpit und einem hydraulischen Hub- und Wackelpodest. Mit 16 Studios ist auf dem Gelände einer der größten zusammenhängenden europäischen Filmstudiokomplexe entstanden.