Porträt Porträt: Katharine Hepburn
New York/dpa. - Amerikas Trauer um Katharine Hepburn ist überwältigend. Am Broadway gehen an diesem Dienstag in allen Theatern für eine Minute des Gedenkens die Lichter aus. In Hollywood strömten Fans an Hepburns Stern auf dem Walk of Fame bereits am Sonntag zusammen, Minuten nachdem der Tod der Schauspielerin im Alter von 96 Jahren bekannt wurde. TV-Moderatoren wie Larry King von CNN änderten ihre Talk-Show-Programme und holten sich Bekannte jener Frau ins Studio, von der die «New York Times» am Montag schrieb, sie sei «ein Vorbild für Generationen von Frauen und eine geliebte Heldin für Kinobesucher über mehr als 60 Jahre» gewesen.
Ähnliches schrieben alle wichtigen Zeitungen des Landes über die energische Frau mit den auffallend klugen Augen und hohen Wangenknochen, die einst in Hollywood als «Zarin» bewundert und zugleich als Kratzbürste gefürchtet war. Hepburns Beiname «Katharine, die Große» geht auf den Beginn ihrer Karriere zurück. 1928 erhielt sie in Baltimore ihre erste größere Bühnenrolle in dem Stück «The Czarina» («Die Zarin»). Vier Oscars als Hauptdarstellerin hat sie gewonnen - mehr als jede andere Schauspielerin. Ihre zwölf Nominierungen für den bekanntesten Filmpreis der Welt waren lange ein ungebrochener Rekord. Erst Meryl Streep stellte ihn Anfang des Jahres ein.
Klaglos hatte Hepburn in den letzten Lebensjahren weit mehr als eine normale Portion aus der Enzyklopädie der bekannten Leiden, von Herzschwäche bis zu Parkinson-Krankheit, ertragen. «Der Tod macht mir keine Angst», hatte sie schon 1991 in ihrer Autobiografie «Ich. Geschichte meines Lebens» schrieben. «Ich war einer der glücklichsten Menschen.»
Das Lebensglück dieser selbstbewussten Frau erwuchs auch aus einer 27 Jahre währenden Affäre mit einem labilen, wenngleich auf der Leinwand souverän wirkenden Trinker. Mit Spencer Tracy stand Hepburn für neun Filme vor der Kamera, in denen sie oft sich selbst spielen durfte: eine willensstarke Frau, die auf den Überlegenheitsdusel der Männerwelt pfeift.
Die beiden galten als Traumpaar, seit sie 1942 in «Die Frau, von der man spricht» zu sehen waren. Ihr letzter gemeinsamer Auftritt in «Rat mal, wer zum Essen kommt», der den Rassendünkel des weißen Amerika an den Pranger stellte, geriet 1967 nach Kritikermeinung zu einem der wichtigsten US-Filme überhaupt. Im selben Jahr starb Tracy, bis zur letzten Stunde umhegt von seiner Geliebten. Die Scheidung von seiner Ehefrau hatte der Katholik Tracy stets abgelehnt. Hepburn akzeptierte das. Sie sorgte auch dafür, dass der Alkoholkranke immer wieder Rollen erhielt.
Anders als viele heutige Filmstars gehörte Hepburn einer Schauspieler-Generation an, die immer wieder die Bestätigung durch ein Live-Publikum vor der Bühne suchte. Am Broadway feierte sie Erfolge bevor sie in Hollywood Karriere machte und erst recht danach. In den 1970er und 1980er Jahren pendelte sie zwischen den Filmstudios an der West- und den Bühnen an der Ostküste.
Ihren ersten Oscar bekam sie 1933 für «Morgenrot des Ruhms», ihren erst dritten Film. Den zweiten Oscar verlieh ihr die US-Filmakademie 1967 für «Rat mal, wer zum Essen kommt», in dem der Schwarze Sidney Poitier den angehenden Schwiegersohn des weißen, gutbürgerlichen Ehepaares Hepburn-Tracy spielt. «Der Löwe im Winter» brachte bereits ein Jahr später den dritten Oscar, und den vierten bekam sie für die 1981 gedrehte Edelromanze «Am Goldenen See». Darin brachte sie mit Henry Fonda, wie in anderen Filme zuvor, einen großen männlichen Star zur Höchstform.
Unvergessen bleibt ganz sicher Hepburns Rolle als nervende jungfräuliche Missionarin an der Seite des trinkfreudigen Dampferkapitäns Humphrey Bogart in «African Queen». Wenn die Trauerrede nicht völlig an der Realität vorbei gehen sollte, dann dürfte darin auch angedeutet werden, dass Hepburn in dieser wie in vielen andere Rollen ihre Kollegen am Set oft zur Weißglut brachte. «Sie wusste immer alles besser», sagte einmal der Regisseur George Cukor. Wahrscheinlich hatte er recht.