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Porträt Porträt: Daniel Craig - menschlicher James Bond mit Oscar-Träumen

Von Thomas Burmeister 16.11.2006, 07:46
James-Bond-Darsteller Daniel Craig posiert mit den Bond-Girls Eva Green (l.) und Caterina Murnio am Rande der Dreharbeiten zum neuen James Bond Film «Casino Royale). (Foto: dpa)
James-Bond-Darsteller Daniel Craig posiert mit den Bond-Girls Eva Green (l.) und Caterina Murnio am Rande der Dreharbeiten zum neuen James Bond Film «Casino Royale). (Foto: dpa) dpa

London/dpa. - Vollesschwarzes Haar sollte ihm über die Stirn fallen «wie ein dunklesKomma». Nichts davon trifft auf Daniel Craig zu. Auch sonst weichtder 38-Jährige deutlich von seinen 007-Vorgängern ab. Dennoch gibt es- nach anfänglichen Unkenrufen - für den sechsten und zugleich erstenblonden Bond fast einhelliges Lob.

Offenbar war die Zeit längst reif für einen neuen, einen durchausanderen Bond. Einen, der auch mal richtig Angst zeigt, statt selbstin lebensbedrohlicher Lage flotte Sprüche zu klopfen. Der glaubhaftSchmerz empfindet, wenn er gefoltert wird. Der Fehler macht und siesogar eingesteht. Und der sich unsterblich verlieben kann. Dass derneue Bond weniger Supermann und viel mehr Mensch sein sollte, machtefür Craig das «Ja» zum Rollenangebot leichter.

Die Produzenten wollten der am längsten laufenden Kinofilmserieauch damit eine Chance für die Zukunft geben. Eines der Vorbilder warMatt Damon als US-Geheimagent Bourne. Superhart, doch gefühlvoll. Undvor allem bodenständig. So wie Craig eben, der Sohn einesGerüstbauers und Ex-Matrosen der Handelsmarine und einerKunstlehrerin. Ein Bursche, der mit 16 nicht in Eton glänzte, sonderndie Gesamtschule schmiss. Seine Teenager-Reifezeit verbrachte er inLiverpool, damals eine Hafenstadt im Niedergang, von einer Zeitungbeschrieben als «irremachendes Loch der Arbeits- undHoffnungslosigkeit».

Es dürfte mit an dieser Erfahrung liegen, dass Craig ein wenigwirkt wie der «erste Bond aus der Arbeiterklasse». Durchaus versehenmit der Fähigkeit zu mediterraner Leichtigkeit zwar, charmant undwitzig, aber auch volkstümlich mit einem Touch von Proletariat. Dassteht keineswegs im Widerspruch zu Angelina Jolies Kompliment, Craigsei der «beste Küsser, mit dem ich je gearbeitet habe». Er bekam es,nachdem er sich an Jolies Seite 2001 in «Lara Croft: Tomb Raider»auch in Hollywood bewährt hatte.

Ob das mit dem Küssen stimmt, könnten andere ansehnliche Damen -unter ihnen Supermodel Kate Moss sowie die Schauspielerinnen HeikeMakatsch und Sienna Miller - wohl sagen. Aber sie schweigen. Auch aufWunsch von Craig, der kaum etwas mehr hasst, als Getratsche über seinPrivatleben. Wenn überhaupt, dann spricht er mit Reportern über seineKarriere. Gern erzählt er, dass sie kein Zufall, sondern Ergebniseiner Mischung aus Passion für den Schauspielerberuf - schon seit demsechsten Lebensjahr - und disziplinierter Arbeit ist.

An der renommierten Londoner Guildhall School of Music and Dramagehörte er zu den Besten. Eine wichtige Station war das legendäreTheater Old Vic. Als begnadeter Charakterdarsteller erwies sich Craig2003 in dem Kinodrama «Die Mutter» mit der Rolle eines jungen Mannes,der sich in die 64-jährige Mutter seiner Freundin verliebt. Viel Loberntete er auch als skrupelloser Sohn eines Gangsters an der Seitevon Paul Newman in «Road to Perdition» (2002) und als Drogendealer,der aussteigen will, in «Layer Cake» (2004).

Bevor Craig nicht nur für «Casino Royale», sondern auch zweiweitere Bond-Folgen unterschrieb, hat er lange nachgedacht - trotzeines eindrucksvollen Millionen-Angebots. Der Grund istkünstlerischer Ehrgeiz. Dem «Times Magazine» gestand Craig, dass erAngst hatte, nach Bond nur noch «seichte» Rollen zu bekommen und sichdamit die Chancen auf höchste Filmlorbeeren zu verbauen.

«Für einen Schauspieler mit Ambitionen muss es einfach irgendwannauch ein Oscar sein», sagte er. Dass dies mit der 007-Rolle gelingenkönnte, hält er für ausgeschlossen. Doch wer die Reihe kennt, derkennt auch den Titel «Sag niemals nie». Und in «Casino Royale» zeigtCraig nicht nur seinen makellosen Body-Building-Körper, sondern auchSchauspielerhandwerk vom Feinsten.