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Popkomm international wie nie

Von Caroline Bock 19.09.2007, 14:12

Berlin/dpa. - Die Eröffnungsparty am Dienstagabend im Berliner Festivalzentrum Kulturbrauerei stand ganz im Zeichen heimischer Künstler - Nevada Tan, Knorkator oder auch Jasmin Tabatabai begeisterten durch ihr Können und ihre Vielfalt. Von Mittwoch bis Samstag stehen 450 Bands, Sänger und DJs auf dem Programm, rund ein Drittel davon aus Deutschland. Die Popkomm hat nach Frankreich, Spanien und Brasilien in diesem Jahr stolz Deutschland zum «Partnerland» erklärt.

«Partnerland Deutschland klingt nach Heimspiel», hatte Popkomm- Direktorin Katja Bittner vor dem weltweit beachteten Branchentreff gesagt und hinzugefügt: «Doch jeder weiß, bei Heimspielen strengt man sich besonders an.» Daher ist es auch kein Widerspruch, wenn die vierte Berliner Popkomm mit 886 Ausstellern aus 57 Ländern «so international wie noch nie» ist, wie Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) zur Eröffnung am Mittwoch sagte. Denn der Musikexport wird auch für eine große Nation wie Deutschland immer wichtiger.

Jahrelang glänzten kleine Länder wie Finnland, Norwegen oder sogar Island auf der Popkomm oder dem Branchentreff Midem in Cannes mit großen Ständen und aufwendigen Produktionen. Die deutsche Musikbranche exportierte die eigene Musik eher zufällig, der heimische Markt schien groß genug. Doch die Krise der Plattenindustrie hat zum Umdenken gezwungen. 40 Prozent Umsatzminus seit Ende der 90er Jahre sprechen eine deutliche Sprache. Auf 1,7 Milliarden Euro sind die Erlöse der Plattenfirmen in 2006 geschmolzen. Raubkopiererei und illegaler Musiktausch im Internet machen den Plattenfirmen zu schaffen, aber auch der jahrelang vernachlässigter Aufbau junger Künstler, wie viele Kritiker sagen.

Immerhin dieser Mangel ist mittlerweile behoben. Die Berliner Band Wir sind Helden trat 2003 eine Bewegung los, die sich bislang kaum verlangsamt hat. Auch ohne Radioquote waren plötzlich Lieder heimischer Musiker auf den Sendern präsent. Junge Bands und Interpreten spielten, bekamen Plattenverträge und eroberten die Charts: Juli und Silbermond folgten den Helden; Virginia Jetzt!, Revolverheld, LaFee, Killerpilze heißen die Jungstars von heute, die auch die Charts erobern. Mehr als die Hälfte der Singles in den Top 100 kamen im vergangenen Jahr aus Deutschland. Bei den Alben waren es immerhin 38,1 Prozent.

«Es gab immer schon sehr viele gute Musiker in Deutschland, aber die waren medial nicht so präsent», sagt Chansonsängerin Annett Louisan, die ebenfalls auf der Eröffnungsparty spielte. Mit dem Erfolg in Deutschland wurde auch das Ausland hellhörig. Tokio Hotel erreichte Platin-Status und Platz eins ausgerechnet in Frankreich, wo die Regierung jährlich Millionen Euro in die Musikbranche pumpt und per Radioquote frankophone Musik fördert. Eine erfolgreiche Europa- Tournee folgte.

«So etwas kann man nicht planen, da stimmte einfach alles: Band, Musik, Umfeld», sagt Johannes Cordes, als Marketingdirektor beim Plattenriesen Universal für die Teenie-Rocker zuständig. «Wir können nicht oft damit rechnen, mit deutschsprachigen Künstlern im Ausland erfolgreich zu sein. Die Erfolge sind nicht so groß, dass sie die Markteinbrüche in Deutschland ausgleichen können, aber immerhin etwas. Und für kleine Labels, beispielsweise im Dance-Bereich, ist der Export der Musik lebensnotwendig.»

Der Erfolg steckt offenbar an: So gönnten sich auch die Helden kleinere Clubkonzerte in London oder Amsterdam. Die Hamburger Band Tomte begeisterte vor wenigen Tagen mehrere hundert Fans in Moskau. Und die Popkomm bietet vielen weiteren jungen Bands die Chance, sich vor internationalen Musikexperten zu präsentieren, wie DJ Paul van Dyk sagt: «Man spielt hier vor Leuten der Branche, die so sonst nie zusammen sind.»

www.popkomm.de