"Polizeiruf 110"-Kritik "Polizeiruf 110"-Kritik: Reizvolles "Wendemanöver" mit erstem schwulen Ermittler

Das Besondere
Zwei Ermittler-Duos, zwei Städte, zwei Folgen. Dieser „Polizeiruf 110“ ist eine XXL-Ausgabe und erzählt in insgesamt 180 Minuten zwei Fälle, die eigentlich einer sind, da die Morde miteinander zusammenhängen. Der „Tatort“ hat den Kombi-Krimi vorgemacht, nun ziehen MDR und NDR zum ersten Mal beim „Polizeiruf“ nach. Pünktlich zum 25. Jahrestag der Wiedervereinigung dürfen die Ermittler aus Rostock und Magdeburg gemeinsam ran. Für Sylvester Groth ist es die Abschiedsfolge, in der er sich als schwul outen darf und mit einem alten Freund und Kollegen eine Liebesnacht verbringt. Drexler ist also der erste schwule Ermittler des Sonntagabend-Krimis.
Der Fall
Ist dem Umfang des Krimis entsprechend ziemlich kompliziert. Bei einem Brandanschlag auf ein Magdeburger Unternehmen stirbt die Frau des Juniorchefs. Nur wenige Stunden später wird in einem Hotel in Rostock ein Wirtschaftsprüfer erschossen. Er hatte eine Affäre mit der Unternehmer-Gattin, die kurz vor ihrem Tod noch versucht hatte, ihn anzurufen. Klingt nach Beziehungsdrama, doch was folgt ist eine Geschichte um Wirtschaftskriminalität, Erpressung und Betrug. Und um ihn zu lösen müssen Brasch (Claudia Michelsen), Drexler (Sylvester Groth), König (Anneke Kim Sarnau) und Bukow (Charly Hübner) weit in die Vergangenheit blicken, genau gesagt in die Nachwendezeit.
Die Auflösung
Kann an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden, weil sie ja erst kommende Woche, am 4. Oktober, zu sehen sein wird.
Die Ermittler
Zwei Ermittler-Duos zusammenzupacken, die beide auf ihre Art schwierig sind, ist eine Herausforderung. Regisseur Eoin Moore, der mit Anika Wangrad auch das Drehbuch geschrieben hat, gelingt es, allen genug Raum zu lassen. Manchem Zuschauer wird es vielleicht zu anstrengend sein, diese vier Charaktere so geballt zu erleben, doch ist das Aufeinandertreffen durchaus reizvoll. Sylvester Groth darf als überkorrekter Drexler endlich mal menschliche Seiten zeigen, auch wenn der plötzliche Gefühlsausbruch bei seiner überraschenden Liebesszene irgendwie unglaubwürdig wirkt.
Fazit
Eoin Moore hat einen Krimi geschaffen, der definitiv nicht zum Nebenbeigucken geeignet ist. Zu viele Handlungsstränge, Schauplätze und Figuren werden dafür miteinander verwoben. Das werden manchen anstrengend und zu langatmig finden, doch das Aufeinanderprallen der Ermittler ist reizvoll und funktioniert und am Schluss ist das Interesse auf Teil 2 des Falls definitiv geweckt.