Peter Prange Peter Prange: Wie wird man Held im eigenen Leben?

München/dpa. - Gegen vielfache Widerstände wuchs 1851 eingigantisches Bauwerk in den Himmel über London: der Kristallpalast.41 Meter hoch und mehr als einen halben Kilometer lang, Raum derersten Weltausstellung, die selbst eine einzigartige Feier destechnischen Fortschritts darstellte. Schöpfer der von sechs MillionenBesuchern bestaunten Glas-Stahl-Konstruktion war der SelfmademanJoseph Paxton. «Der Architekt ist mutig seinen Weg gegangen. Doch dastat für mich auch seine älteste Tochter, indem sie Partei nahm fürdie dunkle Seite des Fortschritts, das Leid der Arbeiter», sagt PeterPrange, Verfasser des auf historischen Tatsachen basierendenUnterhaltungsromans «Miss Emily Paxton».
Der 50-jährige Tübinger Bestsellerautor, vielen ein Begriff durchseine von der ARD verfilmte deutsch-deutsche-Familiensaga «DasBernstein-Amulett», schrieb mit seinem neuen Buch den dritten Teileiner Romanreihe, die er Weltenbauer-Trilogie nennt: Auch «DiePrincipessa» (2002) und «Die Philosophin» (2003) handeln vonMenschen, die in Zeiten gesellschaftlichen Umbruchs kraftvoll ihrLeben in die Hand nehmen und damit zu Urhebern ihrer eigenen Weltwerden. Stets zeichnet es die Literatur von Peter Prange aus, dass erzuvor intensiv recherchiert hat und so den Leser mit einem wichtigenOrt und einer Epoche der europäischen Kultur vertraut macht.
Als promovierter Philosoph, der in Göttingen, Perugia, Paris undTübingen studiert hat, kennt er sich aus in der Ideengeschichte desKontinents. Dabei wusste Prange lange nicht, welchen Weg er in seinemeigenen Leben einschlagen sollte: «Als junger Mensch hatte ich, trotzgroßer Klappe, kein Selbstbewusstsein. Mich als Protagonist meinesLebens zu begreifen, fehlte mir der Mut.» So arbeitete er mal alsÜbersetzer, mal als Unternehmensberater und Sachbuchautor und fühltesich zerrissen. Eines seiner jüngeren Ratgeber-Bücher heißt «Träumewagen!» - doch gerade das traute sich Prange damals keinesfalls.
Erst mit 34 Jahren, äußerlich inspiriert von der Wende 1989,fällte er eine Entscheidung: Er gab die Unternehmensberatung auf undschrieb «Das Bernstein-Amulett». «Mir wurde klar, dass es bei allenmeinen Tätigkeiten im Grunde um das Gleiche gegangen war: um dieFrage des einzelnen nach seinen Zielen, um seine Überwindung derHindernisse dorthin. Das ist bei einem Unternehmer genauso wie beieinem Romanhelden», sagt der Schriftsteller. Ein Ergebnis seinerErfahrungen ist es, dass er dem Leser Mut zum Ich und zuindividuellen Zielen machen will - eben «Held im eigenen Leben» zuwerden.
Was wieder zu «Miss Emily Paxton» führt, die es wirklich gab,deren Charakter der Verfasser allerdings großzügig ausschmückte: AmBeispiel des Kristallpalastes, der im übrigen 1936 abbrannte,schildert Prange anschaulich das aufkommende Industriezeitalter mitseinem Wissenschafts- und Technikglauben, geprägt von Darwins Ideenvom «Überleben der Stärksten». Zugleich erfährt der Leser durchEmilys Augen viel von den unwürdigen Lebensbedingungen der Mehrheitder Bevölkerung, die die Titelheldin zur Kämpferin für dieUnterdrückten werden lassen. All diese ernsten Themen verpackt Prangein seinem Roman in eine leidenschaftliche und dramatischeLiebesgeschichte, die Joseph Paxtons Tochter mit dem ArbeiterführerVictor verbindet.
Peter Prange: Miss Emily Paxton; Droemer Verlag, München;560 S., Euro 19,90; ISBN 3-426-19656-5