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«Perseus-Protokoll» «Perseus-Protokoll»: Kai Hensel schreibt den Thriller zur Krise

Von Peter Godazgar 06.07.2012, 15:21

Halle (Saale)/MZ. - Dabei hat Maria Brecht auch so schon genug Probleme am Hals. Die junge Frau verbringt mit ihrer liebeskranken und deshalb dem Alkohol zugeneigten Freundin und deren Sohn ein paar Urlaubstage auf Kreta und will sich nebenbei eigentlich Klarheit verschaffen über ihren eigenen weiteren Lebensweg.

Der nimmt dann allerdings einige gänzlich unerwartete Wendungen: Bei einer Mountainbike-Tour in die karge Berglandschaft begegnet Maria Brecht nämlich einem Fremden, der einen Stahlkoffer bei sich trägt - und sie entdeckt Blutspuren neben dem Auto des Unbekannten. Der Fremde verfolgt sie, versucht sie zu töten. Maria kann fliehen - doch in Sicherheit ist sie fortan nicht mehr. Schon nach kurzer Zeit weiß sie nicht mal mehr, wer Freund oder Feind ist.

Die Polizei bringt sie nach Athen - in eine Stadt im Ausnahmezustand. Maria fühlt sich verfolgt, ein Toter wird gefunden (der erste von vielen), Maria gerät in Verdacht. Unschuldig gejagt - das ist ein Klassiker des Spannungsgenres - Kai Hensel spielt ihn vor der topaktuellen Szenerie der griechischen Finanzkrise durch: mit schnellen Orts- und Personenwechseln, rasanten Schnitten und Wendungen und ebenso konzentrierten wie knappen Dialogen. Mittendrin: Ein Racheengel, der einen ganz eigenen Plan verfolgt und mit äußerster Brutalität ein 20 Jahre altes Verbrechen sühnt.

Dass Kai Hensel in seinem komplexen Thriller die Fäden scheinbar mühelos zusammenhält, mag man umso erstaunlicher finden, da das "Perseus-Protokoll" sein Roman-Debüt ist. Ein Unbekannter ist er indes nicht. Einen Namen hat sich Hensel, Jahrgang 1965, längst gemacht, vor allem als Theaterautor: Allein sein Ein-Personen-Stück "Klamms Krieg" gehört mit mehr als 100 Inszenierungen zu den meistgespielten an deutschen Bühnen. Den Umgang mit Suspense übte er in Drehbüchern für Rumms-Serien wie "Alarm für Cobra 11", er textete aber auch für "Verbotene Liebe" und das "Scheidungsgericht". Lang ist's her, und von irgendwas muss der Mensch schließlich leben.

Mit dem "Perseus-Protokoll" bewältigt er nun auch die Langstrecke souverän. Kai Hensel hat quasi den Roman zur Krise geschrieben, einen rasanten Thriller um Macht, Verrat und Geld. Hensel schreibt knapp, filmisch, ohne jede Geschwätzigkeit. Für Maria Brecht, die Heldin wider Willen, geht es indes weiter. Ihrem Schöpfer schwebt nichts Geringeres vor als die Beschreibung der Auswirkungen einer globalisierten Welt mit den Mitteln des Thrillers. Die nächste Station soll Haiti sein.