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Peenemünde Peenemünde: Karl Hans Janke rettet die Welt

Von Andreas Montag 07.08.2007, 18:11

Peenemünde/MZ. - Dieses Staunen, zunehmend vermischt mit Rührung und Zorn, wird gar kein Ende finden, sieht man hinter den Arbeiten von Karl Hans Janke, die noch bis zum 4. November in Peenemünde auf der Ostsee-Insel Usedom zu sehen sind, den bisher weitgehend unbekannten Urheber der fantastischen Entwürfe endlich selbst hervortreten.

"Janke vs. Wernher von Braun" heißt die Schau, gezeigt wird sie im Kraftwerksbau der ehemaligen Heeresversuchsanstalt, die Kuratoren sind der hallesche Maler Moritz Götze und der Berliner Ausstellungsgestalter Peter Lang. Zugleich gibt es Janke-Präsentationen auch in der Berliner Galerie lueckeundpartner sowie im Fachkrankenhaus Wermsdorf, Sachsen. Dort, auf halbem Weg zwischen Leipzig und Dresden, hat Janke 38 von insgesamt 40 Jahren in der Psychiatrie verbracht, immer um Anerkennung bemüht, dabei stets im Bewusstsein des Unverstandenen.

Und wahrhaftig, dieser Mann, der 1988 im Schloss Hubertusburg, der Klinik bei Wermsdorf, gestorben ist, war auf seine besondere Weise ein Genie aus dem Reich der Fantasie. Dabei hat er stets empört von sich gewiesen, ein Künstler zu sein und legte stattdessen allergrößten Wert auf die Realisierbarkeit seiner Projekte: "Wer technisch informiert ist, findet sich da rein."

Er gab ihnen Namen wie "Venusland" und stattete sie mit fabelhaften Vorzügen aus wie einer "höhenstrahlungssicheren Raum-Kabine im Kopfteil der Atom-Magnetischen Schiffsanlage". Zudem sollte das Weltall-Fahrzeug einen vertikalen Start und eine ebensolche Landung hinlegen - "bei Horizontallage des Schiffes!". Auch an Stillstand in der Luft "und Wenden über Ort durch Spreizklappen, Hubdüsen und Strahlruder" war gedacht, kein Problem für Janke. Nur genützt hat ihm das alles nichts, wenigstens nicht zu Lebzeiten. Erst Jahre nach seinem Tod hat der neue Wermsdorfer Chefarzt, Peter Grampp, den Nachlass des Weltraumbegeisterten angesehen und wesentlich dazu beigetragen, ihn endlich bekanntzumachen.

Grampp steht seiner Branche, der Psychiatrie, erfrischend kritisch gegenüber, wie sein Aufsatz über Janke für das lesens- und sehenswerte Katalogbuch (Hasen-Verlag) zur Peenemünder Ausstellung belegt. Der Ort ist im Übrigen geeignet wie kaum einer sonst für dieses Projekt: Der friedliche, für verrückt erklärte und ins Pflegeasyl verwiesene, tatsächlich an der Welt und ihrem Unverstand leidende Fantast Janke wird mit dem Raketentechniker Wernher von Braun konfrontiert, der den Nazis entscheidend beim Bau der mörderischen "Wunder- und Vergeltungswaffen" half, die in Peenemünde unter seiner Leitung entwickelt wurden, bevor ihn dann die Amerikaner für ihre Weltraumforschung "adoptierten".

Von Braun, 1912 im heute polnischen Wyrzysk (Wirsitz) geboren und 1977 in den USA gestorben, und Janke, 1909 in Kolobrzeg (Polen, früher Kolberg) geboren, dürften als Jungen beide gleichermaßen von der Raumfahrt geträumt haben. Der Schriftsteller Jules Verne und der Raketenpionier Konstantin Ziolkowski hatten den Rahmen gesteckt - die Wege beider, von Brauns wie Jankes, hätten freilich nicht unterschiedlicher sein können. Janke, verstört durch den Krieg, verwundet durch den Verlust der Eltern, hat sich den unschuldigen Traum bewahrt: Er hielt fest an der Idee regenerierbarer, unschädlicher Energie, friedlich sollten die Menschen zu fremden Sternen reisen. Und so rettet Karl Hans Janke tatsächlich die Welt.

Bis 4. Nov. im Museum Peenemünde, tgl. 10 bis 18, ab Okt. bis 16 Uhr, Eintr. 6, erm. 4 Euro.