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Pablo Picasso Pablo Picasso: Begnadeter Künstler ohne Herz

Von Jörg Vogelsänger 23.10.2006, 09:42
Das Gemälde «Dora Maar mit Katze» von Pablo Picasso wird in der Zentrale des Auktionshauses Sotheby's in London präsentiert. (Foto: dpa)
Das Gemälde «Dora Maar mit Katze» von Pablo Picasso wird in der Zentrale des Auktionshauses Sotheby's in London präsentiert. (Foto: dpa) EPA

Halle/MZ. - Die Redeist von Pablo Picasso (1881-1973), der am25. Oktober vor 125 Jahren im südspanischenMalaga zur Welt kam. In einem sind sich jene,die ihn geliebt und jene, die ihn gehassthaben, aber einig: Er war einer der größtenMaler des 20. Jahrhunderts.

Dabei hätte die Kunstwelt das Genie Picassosum ein Haar nie erlebt. Bei seiner Geburthielt die Hebamme ihn für tot. Er atmete einfachnicht. Aber sein Onkel Salvador, der Arztwar, blies dem kleinen Pablo Zigarrenrauchins Gesicht und brachte ihn zum Weinen. "Nurso gelang es Picasso, auf der Welt zu bleiben",heißt es in einer der Biografien überden Mitbegründer des Kubismus.

Picasso arbeitete wie ein Besessener. Vonseiner enormen Produktivität und Kreativitätzeugt das künstlerische Erbe, das der 91-Jährigenach seinem Tod 1973 im französischen Mouginshinterließ: Fast 1900 Gemälde, 3200 Keramiken,7000 Zeichnungen, 1200 Skulpturen und 30000Grafiken. Bereits als Kind war Picasso vonder Malerei fasziniert. Sein Talent war sogroß, dass sein Vater, ein Zeichenlehrer,ihm schon bald nichts mehr beibringen konnte.Kurz nachdem die Familie 1891 nach Galicien(Nordspanien) gezogen war, gab der Vater Pinselund Farbkasten schließlich an seinen Sohnab. Picasso hingegen begann schon damals,seine später berühmten Tauben zu zeichnen.Seine nächste Etappe war Madrid, wo er mit16 Jahren in die Akademie der Schönen Künsteaufgenommen wurde, dann folgten Barcelonaund von 1904 an Paris.

Drei Jahre später schuf er eines seiner berühmtestenBilder, "Les demoiselles d'Avignon". Mit dergleichnamigen französischen Stadt hat dasGemälde nichts zu tun: Es entstand vielmehraus den Erinnerungen des Künstlers an einBordell in Barcelona und gilt als Picassoserstes kubistisches Werk. Wie auch in seiner"blauen" und "rosa" Periode und seiner surrealistischenPhase setzte Picasso stets neue Maßstäbe.

Frauen spielten im Leben und Wirken Picassoseine wichtige Rolle. Zwei Mal war er verheiratet:mit der russischen Tänzerin Olga Koklova (1918-1935)und mit Jacqueline Roque (1961 bis zu seinemTod). Für Porträts und erotische Motive ließer sich aber ebenso von seinen Beziehungenzu Marie-Thérèse Walter, der Fotografin DoraMaar oder zur Malerin Françoise Gilot inspirieren.Aus den verschiedenen Verbindungen gingenvier Kinder hervor. Walter erhängte sich 1977,Roque erschoss sich 1986. Auch Picassos EnkelPablo hatte wenige Tage nach dem Tod des MalersSelbstmord begangen.

Als Höhepunkt von Picassos Ausdruckskraftgilt sein Meisterwerk "Guernica", das er fürdie Weltausstellung 1937 in Paris schuf. Dasgroßformatige Gemälde entstand unter dem Eindruckder Zerstörung der gleichnamigen baskischenStadt bei der Bombardierung 1937 durch diedeutsche Legion "Condor" während des SpanischenBürgerkriegs. Das Werk gilt als mahnendesSymbol gegen Krieg und Gewalt. Es ist zudemeines der wenigen politischen Zeugnisse desrepubliktreuen Künstlers, der sich wenigermit seiner Kunst als durch aktives Handelnengagierte: So trat er 1944 der KommunistischenPartei Frankreichs bei, die ihm später jedochein kritisches Bild von Stalin nach dessenTod übel nahm.

Vier Jahre zuvor hatte Picasso, der wegender Franco-Diktatur (1939-1975) nicht in seineHeimat zurück konnte, die französische Staatsbürgerschaftbeantragt. Obwohl er bereits seit Jahrzehntenin Paris lebte, s>bekam er eine Ablehnung."Der angeblich moderne Maler verdient Millionen.Er pflegt aber den Umgang mit Anarchistenund verherrlicht die Sowjets", hielt der InlandsgeheimdienstDST fest. Picasso muss diese erst 60 Jahrespäter bekannt gewordene Abfuhr als Schmachempfunden haben.

Die Verbitterung tat seinem Schaffensdrangaber keinen Abbruch. Bis an sein Lebensendeexperimentierte Picasso mit immer neuen Techniken.Er habe die Kunstwelt völlig auf den Kopfgestellt, meint der spanische SchriftstellerManuel Vicent, der ihn als ein "Dämon derMalerei" beschreibt. "Er erfand neue Formen,die Wirklichkeit zu sehen und stieg dafürin Abgründe herab, die in die Hölle führten.Dort wurde Picasso König."