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Ost-West-Geschichte Ost-West-Geschichte: Wie ein Brite die DDR mit Musik versorgte

Von Gunnar Leue 26.02.2017, 07:00
Mark Reeder heute.
Mark Reeder heute. Gunnar Leue

Ausgerechnet am Vorabend des Mauerfalls war der Brite Mark Reeder mit drei Landsleuten von Westberlin aus zu einer Reise über Polen nach Rumänien aufgebrochen. „Erst in der CSSR haben wir später mitbekommen, was in Berlin los ist.“ Mark Reeder kann es bis heute nicht richtig fassen. „Als wir zurückkamen, war nichts mehr wie zuvor. Überall Menschen, Trabis. Ich war total schockiert.“

Ausgerechnet, weil Mark Reeder jemand war, der ein ausgeprägtes Interesse hatte an dem, was hinter der Mauer abging. Und er hat im übertragenen Sinne schon an ihr rumgemeißelt, als das Wort Mauerspecht noch nicht erfunden war. Schon als er 1978 aus Manchester nach Westberlin kam, war der Bassist, der mit Mick Hucknall (Simply Red) zusammengespielt hatte, Fan deutscher Bands wie Kraftwerk. Das machte ihn neugierig auf das Land.

So schmuggelte Reeder verpönte Westpunkmusik nach Ostberlin

Angekommen, traf Reeder nicht nur viele heute berühmte Musiker wie Nena, Die Ärzte oder Nick Cave, sondern ihn zog es auch schnell nach Ostberlin. Und mit seinen Besuchen dort trug er zur Untergrabung des Systems im Osten bei.

Er brachte Jugendlichen in der DDR die offiziell verpönte Westpunkmusik, zuweilen brachte er aber gleich die Bands dazu mit. So wie die Toten Hosen, für die er zwei illegale Konzerte organisierte: 1983 in der Erlöserkirche und 1988 auf einem Kirchengelände in Pankow.

„Das Konzert in Rummelsburg fand nur vor einer Handvoll Freundesfreunden meiner Ost-Bekannten statt. Ich habe Tränen vor Glück vergossen.“ Im selben Jahr 1983 hatte er auch erstmals eine DDR-Band ins englische Fernsehen gebracht. Für eine Sendung über die Musikszene in Berlin hatte er neben Die Ärzte auch die Ost-Band Jessica vorgestellt.

Obwohl sein Tun von der Stasi beobachtet wurde, durfte Mark Reeder 1989 bei der DDR-Plattenfirma Amiga sogar das Debütalbum der Band Die Vision produzieren. „Lieber ließen sie mich offiziell eine Platte produzieren, als subversive Sachen veranstalten.“ (mz)