Opernsänger Opernsänger: Der sonore Bass aus Sachsen besitzt viele Talente

Dresden/dpa. - Sein Markenzeichen ist die Vielfalt: Er ist gelernter Ingenieur, studierter Opernsänger, praktizierender Konzert-und Bühnensänger, Showmaster und Moderator. Dank der beliebten Live-Sendung «Showkolade» schon zu DDR-Zeiten bekannt, avancierte Gunther Emmerlich nach der Wende mit «Nimm Dir Zeit», «Gunther und drüber» sowie «Zauberhafte Heimat» zum Liebling deutscher Fernsehzuschauer in Ost und West. Dabei nimmt der gebürtige Thüringer, der an diesem Samstag (18. September) 60 Jahre alt wird, kein Blatt vor den Mund.
Seine kabarettistische Ader ist jedoch mit dem «komischen Objekt»DDR verkümmert. «Wo Jeder alles sagen kann, interessiert mich dasnicht mehr so», sagt der 1944 in Eisenberg geborene Bassist, der alsJunge eigentlich Pilot oder zur See fahren wollte. «Ein politischdenkender Mensch bin ich aber nach wie vor.» Emmerlichs Kindheit warnicht nur wegen der Nachkriegszeit nicht besonders glücklich. Nachdemder Vater im Krieg geblieben und die Mutter gestorben war, wurde derElfjährige von Schwester und Schwager aufgezogen. Sie ersparten ihmdas Waisenhaus.
«Ich bin zwar behütet, aber ohne Eltern aufgewachsen», sagt er mitsonorer Stimme. Das habe ihm früh zu Selbstständigkeit verholfen, diezunächst zu einem Abschluss als Bauingenieur führte. Mit 22 begann erein Studium Operngesang an der Musikhochschule Franz Liszt in Weimar,1972 wurde er vom Nachwuchsstudio der Dresdner Oper engagiert undkurz darauf ins Ensemble übernommen. Hier sang er den Osmin, Alfonso,Bartolo, Basilio, Kuno oder Sarastro. Daneben gründete der Banjo-Spieler und Jazzsänger 1985 mit gleichgesinnten Musikern derStaatskapelle die «Semper HouseBand», mit der er bis heute auftritt.
Ab 1987 eroberte er den DDR-Bildschirm und bot mit «Showkolade» -einem Mix aus Glimmmer, Glitzer, Zeitkritik und Kabarettistischem -sogar Thomas Gottschalks «Wetten, dass.. .?» im Westen Paroli. DieNeigung zu aufmüpfigen politischen Randbemerkungen brachte Emmerlichgelegentlich ins Fadenkreuz der DDR-Kulturbehörden, die ihn wegen«staatsfeindlicher Betrachtungen» zeitweise mit Auftrittsverbotbelegten. 1992 löste er seinen Vertrag mit der Semperoper, um frei zuarbeiten. «Am liebsten mache ich immer mal was anderes.»
Im Konzert ist er mit einem Pianisten ebenso zu erleben wie imDuett mit Deborah Sasson, auf Opernbühnen oder auf Musical-Tournee.«300 Tage im Jahr bin ich unterwegs», verweist Emmerlich auf denrandvollen Terminkalender. Sein Repertoire reicht von Kirchenmusiküber Lieder-Zyklen, Arien und Duette bis zu Dixieland und Swingreicht. «Ich singe aber nie quer Beet.» Die meisten Auftritte hat derWahl-Dresdner fern der Heimat. «Eine der schönen Begleiterscheinungendes Jahres 1989, dass der Radius größer geworden ist», sagt derFamilienmensch, für den Kürzertreten aber ein Fremdwort bleibt. «Dadenk' ich schon 20 Jahre drüber nach, aber das wird immer nüscht»,sächselt er. Spaß sei das «schuldige Element».
Dabei kann er sich im Urlaub ans Ausspannen gewöhnen. Seit 30Jahren werden bei Emmerlichs die Ferien geteilt: zwei Wochen Tabarzim Gebirge, zwei Wochen Ahrenshoop an der Ostsee. «Nach einergewissen Zeit ist es aber wieder schön, etwas zu tun», sagt derSänger, der in seiner fast eigenhändig renovierten Jugendstilvillamit Schauspielerin Anne-Kathrein und den erwachsenen Kindern Karolineund Johannes lebt. In seiner freien Zeit kocht der Skatspieler auchgern mal oder werkelt im Garten, wenn nicht gerade alte Freunde zumBoccia oder Tischtennis kommen.
Mit seiner Prominenz kann der Großvater umgehen, auch wenn ihmfaustdicke Lügen auf die Nerven gehen. «Ich kann mich an schwindelndePolitiker genauso schlecht gewöhnen wie an lügende Journalisten.»Kein Problem hat Emmerlich mit dem Alter. Für den 1,93-Meter-Mannkommen «künstliche Verschönerungen» nicht in Frage. «Ich versuche eserstmal im Guten.» Er habe in entscheidenden Punkten seines Lebensnach Unglück immer wieder Glück gehabt. «Auf Glück allein aber darfman nicht hoffen.» So sei es ihm über die Jahre gelungen, in keinerSchublade endgültig zu landen und trotzdem Erfolg zu haben. «Das isteigentlich ein Wunder.»