Oper Leipzig Oper Leipzig: Einsamer Traumtänzer in eiskalter Mondlandschaft
Leipzig/MZ. - In diese klassische Reihe der Werthers und Onegins hätte sich auch der Andrej aus Philippe Hersants neuer Oper "Der schwarze Mönch" gerne eingereiht, die unlängst ihre Leipziger Uraufführung erlebte.
Doch die Leiden des Einsamen, der die Grenzen zwischen Traum und Realität überschreitet, hätte man kaum einfallsloser in Szene setzen können. Schon das Bühnenbild - eine surreale eiskalte Mondlandschaft, bevölkert von puppenartigen Figuren und kubischen Bäumen - wirkte in seiner Statik befremdlich. Die Geschichte vom wahnsinnigen Philosophen Andrej und seine Braut Tanja, die hysterische Tochter eines cholerischen Gärtners, entfaltete sich in ihrer ganzen Künstlichkeit und ihrer ganzen Länge in diesem Interieur.
In dieser Geschichte spielten ehrwürdige Konstrukte wie Geniekult, Idealismus und Symbolismus neben der viel zitierten Mystik eine herausragende Rolle. Von einer Abstrahierung oder Anpassung der Tschechowschen Vorlage an heutige Zeit konnte weder im Libretto von Yves Hersant noch in der Inszenierung von Tatjana Gürbaca die Rede sein. Stattdessen ergeht sich diese Oper in Oberflächenphilosophie und Metaphorik, in verklärten Welten eines vergangenen Jahrhunderts, in einer heilen Welt, die in der Romanze des Onegin ihre klangliche Entsprechung fand.
Umso erstaunlicher ist, dass der Debussy-Verehrer Hersant mit seiner Musik wenigstens teilweise zu retten vermag, was der Inszenierung gründlich misslingt. Während Regisseurin Tatjana Gürbaca den intensiv spielenden und singenden Andrej (Tuomas Pursio) und den Zuschauer mit seinen Bildern und Visionen allein lässt, schafft es die Musik Hersants, den Zwiespalt zwischen Realität und Vision darzustellen.
Hersant lässt Kolorit in Form von Akkordeonklängen, orthodoxen Männerchören oder Blaskapellen gegen die Klänge der Moderne preschen. Er schafft eine mystische Klangwelt, die der fieberhaften Fantasie des Hauptcharakters zu entspringen scheint. Wenn diese Traummusik in höchster Lage erklingt oder die Furcht einflößenden Orchesterschläge von den Wahnsinnsattacken Andrejs künden, verlagert sich die Aufmerksamkeit von der Bühne in den Orchestergraben, in dem sich wirklich Innovation und Vision abspielen.
Und man wundert sich wie all dies zusammen passen soll: diese Geschichte einer verklärten Jugendliebe, die apokalyptischen Visionen eines gestürzten Idealisten und die außergewöhnliche Musik. Nach dem vorhersehbaren Ende ist klar, dass sich diese disparaten Einzelteile nicht wirklich zusammen fügen können. Auf derlei Pseudo-Philosophie hätte man mühelos verzichten können. Hersants Komposition freilich verdient es, aufmerksam gehört zu werden.
Nächste Vorstellungen: 22. Juni, 19.30 Uhr, 1. Juli, 19 Uhr