«Normahl» «Normahl»: 25 Jahre deutsche Punkmusik

Winnenden/dpa. - Leuchtend grüne Haare, zerfetzte Lederjacken und schmückende Sicherheitsnadeln - die dienstälteste aktive deutsche Punk-Band «Normahl» ist in der Szene längst zur Legende geworden. Dabei trifft das herrschende Klischee von den grölenden und pöbelnden Punks zumindest heute nicht mehr auf die vier Musiker aus Winnenden (Baden-Württemberg) zu. Denn seit Gründung der Band vor 25 Jahren sind die Schwaben nicht nur reifer geworden, auch die Punkmusik hat sich verändert. «Der deutschsprachige Punk richtet sich heute mehr denn je gegen Faschismus, staatliche Willkür und Spießertum», meint Lars Besa, Frontmann von «Normahl».
Als in London Mitte der 70er Jahre die «Sex Pistols» genug von Jugendarbeitslosigkeit und Wohlstandsleben hatten, entwickelte sich eine neue Musik-Ära, die fünf Jahre später auch Deutschland erreichte. Denn: War die Sprache auch verschieden - die Probleme der Jugend waren die selben. So war der Nährboden für Punk-Bands wie «Normahl» oder «Die Ärzte» und «Die toten Hosen» - beide 1982 gegründet - geschaffen. «Alle schrien ihre Wut heraus», beschreibt der 38-jährige Besa die Stimmung vergangener Tage. Gerade die schwäbisch-pietistische und gepflegte Heimatstadt sei ein ideales Argument für Punk-Musik mit der geballten Faust gewesen.
Fast ein Vierteljahrhundert nach der Gründung von «The Clash» oder den «Ramones» stehen Besa und Band immer noch zu ihrer schwäbischen Heimat. «Normahl» hat sich aber auch in den anderen Teilen Deutschlands - vor allem in Bayern - einen Namen in der Szene gemacht.
Mitte der 90er Jahre trennte sich die Band, unter anderem aus Angst nur mehr «Unterhaltungsmusik» zu machen. Als eine Telefonsex- Firma den «Normahl»-Song «Sex am Telefon» für Werbezwecke missbrauchte, trafen sich die Alt-Punker für die Verhandlungen wieder. «Nach der ersten Kiste Bier war alles klar», erinnert sich Besa: Das Quartett wollte wieder auf die Bretter steigen, sich auf den alten Rebellengeist besinnen und zeigen, dass der Punk aus dem Südwesten nicht tot ist.
«Die Botschaft lautet, dass es noch mehr gibt als ein Reihenhaus und ein Leasingauto. Man sollte sich Gedanken über sein Leben machen, aufbegehren», hatte Besa schon beim Comeback erklärt. Es könne nicht in erster Linie darum gehen, mit 18 Jahren als erstes einen Bausparvertrag abzuschließen. «Es gibt Schöneres im Leben, als Steuern zu bezahln / es gibt wichtigere Dinge als mit Kohle rumzuprahln», singt «Normahl» dazu im Stück «Darum bleib ich Punk».
So meldete sich das Quartett 2002 zurück - lauter und aggressiver auf dem neuen Studioalbum «Inri 21», und nun auch mit der Best-of- Sammlung «Das ist Punk» und neu eingespielten Werken von 1978 bis heute.
«Punk ist keine Religion», heißt ein bekannter Song der Schwaben. Punk ist offensichtlich vor allem ein Lebensgefühl. Auch Toleranz will die Gruppe groß schreiben, vom Text bis zur Kleidung: «Auf unsere Konzerte kommt heute selbst der Büroangestellte», sagt Besa. Auf ein Management verzichten die Punk-Dinosaurier nach wie vor. Sie wollen der Musikindustrie, die nur «eine Vereinigung aus BWL- Studenten» ist, nicht «noch Geld in den Rachen schmeißen».