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Nina Hagen Nina Hagen: Krachen ließen es nur die Sachsen

Von Jan Wätzold 09.05.2004, 17:47

Halle/MZ. - Die Leipzig Big Band, jüngster Kollaborationspartner der für künstlerische Ausflüge in fremde Genres bekannten Berlinerin, bildete eineinhalb Stunden lang das Korsett für ein bisweilen eckiges Programm von Jazz- und Swingklassikern. Eckig, weil von Nina Hagen gesanglich über weite Strecken kaum zu bewältigen. Zwar liegt nach dem Vergleich mit dem im letzten November erschienenen Album "Big Band Explosion" die Vermutung nahe, dass die schrille Sängerin unter einer schlechten Tagesform gelitten haben könnte. Zudem ließ die Akustik in einigen Sitzreihen jenseits der Kunstkopf-Stereo-Zone sehr zu wünschen übrig.

Dennoch muss sich Nina Hagen die Frage gefallen lassen, ob sie sich diesmal womöglich zu weit aus dem Fenster gelehnt hat. Klassiker wie "Let Me Entertain You" von Jule Styne und Stephen Sondheim oder Ella Fitzgeralds "Sugar Blues" hat man eben alle schon mal in Versionen gehört, die einen eher von den Sitzen reißen als in der Interpretation der deutschen Punk-Königin. Die Erwartungen, ein ähnliches Aha-Erlebnis geboten zu bekommen wie bei Nina Hagens Rückgriffen auf Zarah-Leander-Lieder, wurden in Halle jedenfalls nicht einmal ansatzweise erfüllt.

Selbst im Duett mit Ehemann Lucas Alexander, der bei "The Lady Loves Me", "Let's Call The Whole Thing Off" und der Marlene-Dietrich-Hymne "Sag mir wo die Blumen sind" mit dänischen Fahnen auf die Bühne gewunken wurde, wirkte Nina Hagen enttäuschend kraftlos. Der 22 Jahre jüngere Gesangs- und Lebenspartner selbst dürfte es im Swing-Business kaum weiter bringen als bislang im Rockgeschäft - zu mäßigem Erfolg.

Das mit dem Plattentitel gegebene Versprechen einer "Big Band Explosion" vermochte einzig die Kapelle unter Leitung von Frank Nowicky einzulösen. Die Sachsen swingten und jazzten ihrer Vorfrau derart davon, dass bei den Musikerkollegen auf den Rängen bisweilen der Wunsch aufkam, Nina Hagen möge sich doch für ein, zwei Titel auf das Tänzeln am Bühnenrand beschränken. Aus der Punkfraktion im Saal dröhnte es dagegen wiederholt in die Pausen zwischen den Liedern: "Nun mach aber mal Power."

Nina Hagen verstand wohl erst am Ende. Als Zugabe sang sie "Du hast den Farbfilm vergessen". Da stand der Saal. Glückliche Besucher. Das Schönste im Leben ist halt immer die Versöhnung.