Niedersachsen Niedersachsen: Land beansprucht Boden-Schätze für sich

Osnabrück/Hannover/dapd. - Durch die Novelle sollen alle archäologischen Funde inNiedersachsen, die keinem Besitzer zuzuordnen sind, in das Eigentumdes Landes übergehen. Bei Historikern rufen die Pläne, die am Montagim Kulturausschuss beraten werden sollen, Kritik hervor.
Das große Schatz-Regal soll die bisherige Regelung nach § 984 desBGB ablösen, wonach diese Funde je zur Hälfte zwischen Finder undLand geteilt wurden. «Bewegliche Denkmale, die herrenlos oder solange verborgen gewesen sind, dass ihr Eigentümer nicht mehr zuermitteln ist, werden mit der Entdeckung Eigentum des LandesNiedersachsen, wenn sie bei staatlichen Nachforschungen entdecktwerden», heißt es in § 18 des niedersächsischenDenkmalschutzgesetzes. Der letzte Halbsatz soll ersatzlos gestrichenwerden.
Historiker fürchten weniger Funde
Finder sollen laut der Gesetzes-Novellierung zukünftig eineBelohnung im Rahmen der verfügbaren Mittel des Landeshaushaltserhalten. «Das ist eine Katastrophe und ein Versuch, eine Enteignungdurchzusetzen», sagte der Osnabrücker Münzhändler Ulrich Künker. DiePraxis zeige, dass weniger gesucht und weniger Funde gemeldetwerden, wenn es keine angemessene Wertentschädigung gebe, sagt er.
Die gleiche Auffassung vertritt auch der Historiker Klaus Grafvon der Rheinisch-Westfälische Technischen Hochschule Aachen. Ersieht zudem eine andere Motivation für die Einführung eines großenSchatz-Regals: Das Geld.
In Hessen, wo eine ähnliche Novellierung desDenkmalschutzgesetzes wie in Niedersachsen angestrebt wird, habe dieLandesregierung viel Geld für den Ankauf von archäologischen Fundenausgeben müssen, so Graf. Er schlägt deshalb eine Entschädigung inHöhe von 25 bis 30 Prozent des Verkehrswerts vor.
Graf, der sich Ende Februar wie einige andere Experten bei einerAnhörung im Wiesbadener Landtag gegen die dortige Einführung einesgroßen Schatz-Regals wandte, stellt eine weitere Frage: «Wergarantiert, dass der Staat die gefundenen Schätze nicht einfachverscherbelt?» Doch das Land Niedersachsen will diese Ängsteausräumen. «Ein Verkauf von Funden ist seitens des Landes nichtgeplant», sagt Rüdiger Fischer, Sprecher des niedersächsischenMinisteriums für Wissenschaft und Kultur.
Funde sollen in Museen gelagert werden
Die Funde sollen angemessen in Museen oder beim NiedersächsischenLandesamt für Denkmalpflege gelagert werden. Durch das großeSchatzregal sollen bedeutsame Funde für die Forschung undÖffentlichkeit zugänglich gemacht werden, so Fischer. Dies diene demSchutz des kulturellen Erbes und dessen wissenschaftlicherErforschung, Dokumentation und öffentlicher Präsentation.Gleichzeitig solle das große Schatzregal illegalen Raubgrabungenentgegenwirken.
Etwa 300 Fundmeldungen werden pro Jahr in Niedersachsenverzeichnet, sagt Landesarchäologe Henning Haßmann. Dies seienhauptsächlich Metalle. «Es ist wichtig, dass die Funde gemeldetwerden», sagt er. Wichtiger sei aber, sie unberührt an den Fundortenzu belassen, da die Archäologen so besser Auskünfte über dieGeschehnisse an den Fundorten erhalten könnten. «Wenn das Land dieVerantwortung für die Funde übernimmt, müssen sie auch sachgemäßkonserviert werden», sagt er. Das sei aber momentan finanziell undpersonell nicht möglich. Am besten sei es, die Funde im Boden zubelassen, so Haßmann.
Er sieht das Land in der Pflicht, dass die Funde fachgerecht inklimatisierten Depots gelagert werden können, da es nun dieVerantwortung für das kulturelle Gut im Boden übernehme. «Wer Asagt, muss auch B sagen.» Die Novellierung des Denkmalschutzgesetzessei eine Anpassung an die Konvention von Malta, so Haßmann. Darinsei EU-weit das archäologische Erbe als Allgemeingut geregelt. «Wennjemand einen Schatz findet und ihn für sich behält, vergreift ersich am kulturellen Erbe des Landes», glaubt der Archäologe. Durchdie Änderung des Denkmalschutzgesetzes bedürfen die archäologischenSuchen zukünftig einer Genehmigung. Zudem sollen die Sammlergeschult und zertifiziert werden, so Haßmann.