Nibelungen-Festspiele Nibelungen-Festspiele: 1400 Gäste schauen König Gunther und Brunhild zu

Worms/dpa. - Mit professionellen Effekten gespickt und von hervorragenden Schauspielern getragen, wurde die Inszenierung nach dem klassischen und schwer spielbaren Textbuch Friedrich Hebbels ausdem 19. Jahrhundert auch bei ihrer Wiederaufnahme von den rund 1400 Gästen am Dom gefeiert.
Dreieinhalb Stunden lang werden die Festspielfreunde Zeugen desEpos um Eifersucht und Liebe, Hass, falsche Freundschaft undintrigante Politik. Die Nibelungen-Vorgeschichte um den Drachentod,um Mime und den Zwerg Alberich wird dabei verschwiegen oder in diespätere Geschichte eingeflochten. Erst mit dem folgenschwerenHochzeitsschwur König Gunthers und seinem Wettkampf gegen die wildeund begehrte Brunhild steigt die Inszenierung ein. Mit HilfeSiegfrieds gewinnt der schwache Gunther zwar die Hand der Kühlen ausdem Norden, doch ziehen nicht zuletzt Eifersucht und Rache dergedemütigten Brunhild und Kriemhilds die gesamte Schar der Burgundenin den grausamen Tod.
Mal lautstark, mal in Zeitlupe wird geschlachtet und gestorben,geküsst, gelitten und geschwärmt von den Figuren auf derschachbrettartig angelegten Bühne vor dem Nordportal. Hier einkleiner Wasserpool, dort der Thron des hervorragend agierendenJoachim Król alias König Gunther. Nackte Haut, Slapstick, ein Pferdvon rechts, ein Falke von oben und die aggressiven Hunnen gleich ausallen Richtungen: Intendant Dieter Wedel weiß, wie er sein treuesPublikum auch zu später Stunde wach und bei Laune hält. Lediglichnach der Pause verliert die Dramaturgie ausgerechnet beimabschließenden Blutrausch den Überblick, zieht das Gemetzelweitgehend inhaltsleer in die Länge, an ernsten Stellen wirdgekalauert.
Verlassen können sich Wedel und Regisseurin Karin Beier in diesemJahr weitgehend auf die Mimen, die ihnen auch in der vergangenenFestspielsaison wortgewaltig zur Seite standen. Neben Król und derbrillanten, mal heiter verliebten, mal wahnartig rachsüchtigen MariaSchrader (Kriemhild) überzeugen auch Manfred Zapatka als mordenderHagen und André Eisermann in der Rolle des Giselher. Einzig GötzSchubert tritt bei seinem Debüt als Siegfried in der Hebbel-Versionweniger als unverwundbarer Drachentöter denn als zaudernderZappelphilipp auf. Bei der Jagd mit seinen Häschern schmettert er den«Jäger aus Kurpfalz», und selbst im Angesicht des Todes kommt demSagenschelm noch ein Scherz über die Lippen.
Bereits im vierten Jahr laden die noch jungen Festspiele nun zumOpen-Air-Spektakel mit anschließendem Champagnergläschen infestlicher Dom-Atmosphäre nach Worms. Für das kommende Jahr wird diekonzentrierte Fassung Hebbels wieder zu den Akten gelegt. Mit einemgroßen Teil des Ensembles will sich Wedel an eine «Uraufführung» derNibelungensage heranwagen, wahrscheinlich wieder in Kooperation mitMoritz Rinke. Der junge Autor hatte bereits in den ersten beidenWormser Jahren mit einer moderneren Fassung des Epos für Aufsehengesorgt.