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Neues Buch Neues Buch: Porträt des Originals spiegelt seine Stadt

Von Andreas Montag 03.07.2006, 17:23

Halle/MZ. - Reinhold selbst aber ist zu einem Ausweis für Halle geworden, auf den die Stadt so stolz sein kann wie auf einen der Ersten ihrer Bürger.

Erhard Wenzel, ein Berliner vom Jahrgang 1940, hatte ein Herz für Reinhold Lohse gefasst, der 1964 in seiner Heimatstadt Halle gestorben ist, mit 86 Jahren. Wenzel, der in den Siebzigern in Halle lebte, später die DDR verließ und nach der Wende zurückkehrte, hat es unternommen, archivalische wie Erinnerungsquellen über Zither-Reinhold aufzuschließen.

Dass der Autor am gleichen Tage, an dem mit der Drucklegung seines Buches im halleschen Projekte-Verlag begonnen worden war, bei einem Fahrrad-Unfall tödlich verunglückte, ist tragisch und von einer makabren Parallelität. Denn auch Reinhold Lohse hatte sich bei einem Unfall am halleschen Franckeplatz schwere Verletzungen zugezogen, an deren Folgen er Tage später, am 16. November 1964, in der Universitätsklinik verstarb.

Was aber war das Besondere an Reinholds Leben? Es sind der Mutterwitz und der Eigensinn, dank derer er sich mit Leierkasten und Zither durchgeschlagen, ein bisschen irdisches Glück eingefordert - und zumeist auch erhalten hat. Als Schuljunge war er auf dem Eis eingebrochen, in der Folge an Typhus erkrankt und hatte eine leichte geistige Behinderung davon getragen. Betreut der Mutter, später von einer seiner Schwestern und einer Nichte, ist Reinhold täglich hinaus gegangen, hat musiziert, Pfennige verdient, "Heeßen", Tabak und Essen geschnorrt - und den Bürgern seiner Stadt Freude bereitet.

Erhard Wenzels Spurensuche wird im Detail, wenn es seinen zahlreichen Adressen durch die Vorstadt Glaucha zu folgen gilt, eher dem Ortskundigen reizvoll sein. In den Berichten und Anekdoten aber tritt die Person des Zither-Reinhold, dem der Quedlinburger Bildhauer Wolfgang Dreysse auf Halles Boulevard ein Denkmal gesetzt hat, als schlitzohriger Überlebenskünstler aus seiner Zeit. Und manches von seinem trockenen Witz erklärt auch die Hallenser selber ein bisschen besser. "Du willst doch wohl nicht bei Händel spielen?", hat ihn einmal ein Passant gefragt, als Reinhold sich beim Händel-Denkmal niederließ. "Das wird dem doch ejal sin", war Reinholds Antwort.

Erhard Wenzel; "Zither-Reinhold", Projekte-Verlag Halle, 149 Seiten, 12,50 Euro