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Neubrandenburg Neubrandenburg: Literaturzentrum «enterbt» Stadt per Satzungsänderung

15.03.2007, 15:56
Auf dem Grundstück des ehemligen Wohnhauses der Schriftstellerin Brigitte Reimann («Franziska Linkerhand») steht der 1999 eröffnete Neubau des Literaturhauses Neubrandenburg. (Foto: dpa)
Auf dem Grundstück des ehemligen Wohnhauses der Schriftstellerin Brigitte Reimann («Franziska Linkerhand») steht der 1999 eröffnete Neubau des Literaturhauses Neubrandenburg. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Neubrandenburg/dpa. - Das Haus betreut auch den Nachlass von Hans Fallada(1893-1947).

«Der Mehrheitsbeschluss vom Mittwoch besagt, dass dasVereinsvermögen bei Auflösung nicht mehr automatisch an die Stadtfällt», sagte Joachim Lübbert als Vereinschef der dpa. Die Nachlässevon Autoren wie Brigitte Reimann (1933-1973), Helmut Sakowski (1924-2005), des Dramatikers Rudi Strahl (1931-2001) und erworbene Briefeund Gegenstände von Fallada sollen an «eine juristische Person gehen,die im Sinne des Zentrums weiterarbeitet.»

«Damit wollen wir verhindern, dass nicht derjenige, der dasLiteraturzentrum stranguliert, auch noch Nutznießer bei Auflösung desVereins wird», sagte Lübbert. Hintergrund des Streits ist dieKündigung eines Vertrages durch die Stadt, der dem Zentrum dieBewirtschaftung des Brigitte-Reimann-Literaturhauses nach 1993 unddie damit verbundenen Zahlungen zugesichert hatte. Die Kündigung sollEnde 2007 wirksam werden. «Das Zentrum war 1993 - wie diePhilharmonie - als Verein ausgegliedert worden und sollte für seineArbeit alimentiert werden», sagte Lübbert.

Im Gegenzug sollte das Vereinsvermögen bei einer Auflösung an dieStadt zurück fallen. Dass es zu solcher Konfrontation mit der Stadtkomme, sei nicht absehbar gewesen. Gegen weitere Kürzungen beimZentrum haben sich auch die Hans-Fallada-Gesellschaft und dieBrigitte-Reimann-Gesellschaft ausgesprochen.

Das Neubrandenburger Literaturzentrum wurde 1971 als erstes in derDDR gegründet und war Vorbild für 14 weitere bezirkliche Zentren, dienach der Wende alle aufgelöst wurden. Die Zentren sollten vor allemjunge Autoren im Sinne der herrschenden SED zu Schriftstellern formensowie nicht parteikonforme Autoren abwehren. Die Berliner GermanistinChristiane Baumann hatte 2005 in einer Studie dem gesamtenLiteraturbetrieb um das Literaturzentrum enge Verquickungen mit derStaatssicherheit und mangelnde Aufarbeitung der Vergangenheitvorgeworfen.

Hans Fallada und Brigitte Reimann gehören, auch im Ausland, zu denbekanntesten deutschen Schriftstellern ihrer Zeit.