Namensgebung Namensgebung: Neuer Streit um Erwin Strittmatter
POTSDAM/DPA. - Nach dem vorzeitigen Verzicht des Ministeriums auf die Namensnennung des Schriftstellers für einen Umwelt-Literaturpreis zeigte sich Eva Strittmatter enttäuscht, wie die "Gransee-Zeitung" berichtete. Sollte das Ministerium doch wieder den Namen Strittmatter-Preis als Synonym für den Brandenburgischen Literaturpreis Umwelt verwenden wollen, werde sie dies verhindern.
Im vergangenen Sommer war bekannt geworden, dass Strittmatter (1912-1994) im Zweiten Weltkrieg in einer zur SS gehörenden Polizeieinheit gedient hatte. Der märkische Autor ("Ole Bienkopp", "Der Laden") hatte das zu Lebzeiten verschwiegen. Die Vergangenheit des Namensgebers müsse erst wissenschaftlich aufgearbeitet werden, bevor das Ministerium endgültig über den Preisnamen entscheide, sagte Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade am Montag. Mit der vorläufigen Namensänderung des Erwin-Strittmatter-Preises wolle das Brandenburger Umweltressort die Aufmerksamkeit auf die Preisträger lenken.
Bislang waren die Begriffe Brandenburgischer Literaturpreis Umwelt und der Erwin-Strittmatter-Preis synonym verwendet worden. Nun fällt die Bezeichnung Strittmatter-Preis bis auf weiteres weg, wie Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage geantwortet hatte. Die Witwe Eva Strittmatter kritisierte den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Namensverzichts zudem als "stillos". Die Antwort des Ministers datiert vom vergangenen Montag, war jedoch erst am Samstag von den Medien aufgegriffen worden - am 15. Todestag des Autors.
Die parlamentarische Anfrage sei fristgerecht beantwortet worden, sagte Schade. Außerdem schützten Gedenktage nicht vor einer kritischen Auseinandersetzung mit verstorbenen Autoren. Der Namensgeber eines Preises müsse "repräsentationsfähig" bleiben. Es sei "das Recht und die Aufgabe jeder Generation, das literarische Erbe neu zu sichten und zu bewerten".
Unterdessen wurden neue Details über die NS-Verstrickungen Strittmatters bekannt. Nach einem Bericht der "Lausitzer Rundschau" soll Strittmatter nun doch "sehr wahrscheinlich" an Kampfeinsätzen im Krieg teilgenommen haben. Die Zeitung bezog sich auf den Historiker Bernd-Rainer Barth. Den Recherchen des Wissenschaftlers zufolge habe sich Strittmatter 1939 / 40 um die Aufnahme in die Waffen-SS beworben, sei aber abgelehnt worden. Später sei er dann als Reservist zu einer Polizeieinheit einbezogen worden, die ab 1943 der SS unterstand. Um all dies zu vertuschen, habe das DDR-Ministerium für Staatssicherheit in späteren Jahren eine Legende vom antifaschistischen Widerstand Strittmatters gestrickt. Bislang wurde davon ausgegangen, dass Strittmatter Bataillonsschreiber bei den Einsätzen auf dem Balkan war und in dieser Funktion womöglich von Kriegsverbrechen wusste.