MZ im Gespräch mit Gregor Seyffert MZ im Gespräch mit Gregor Seyffert: Wir wagen neue Wege
Dessau/MZ. - Herr Seyffert, Ihnen stehen für Ihre Arbeit die Türen vieler Theater und Festivals offen. Warum entscheiden Sie sich für Dessau?
Seyffert: Ich suche immer und in allen künstlerischen Sparten nach Partnern, um meine Ausdrucks-Möglichkeiten zu erweitern. Solche Mitstreiter glaube ich, in der Dessauer Theaterleitung gefunden zu haben - die zudem eine Bühne verwaltet, auf der sich jeder Ballett-Compagnie außergewöhnliche Möglichkeiten bieten. Dieser Raum kann sich nun mit Inhalt füllen, nachdem wir uns grundsätzlich auf eine zunächst zweijährige Kooperation geeinigt haben.
Wie muss man sich die Zusammenarbeit praktisch vorstellen?
Seyffert: Wir probieren ein in Deutschland bislang beispielloses Modell aus, von dem beide Seiten profitieren sollen. Einerseits behält das Dessauer Theater sein Ballett-Ensemble - und wir präsentieren unser erfolgreiches Repertoire wie "Clown Gottes" oder "Die sieben Todsünden" auch weiterhin als Gregor Seyffert und Compagnie Berlin. Gemeinsam aber werden beide Ensembles als Gregor Seyffert Compagnie Dessau eigene Produktionen entwickeln, die am Anhaltischen Theater geprobt und uraufgeführt werden - bevor sie hoffentlich auch überregional Interesse finden. Die künstlerische Gesamtleitung für alle Ballett-Arbeiten in Dessau liegt in meiner Hand.
Was ändert sich dadurch für Ihre eigene Compagnie?
Seyffert: Um unsere Arbeitsweise zu verstehen, muss man wissen, dass wir seit unserer Gründung 1996 von Subventionen unabhängig sind. Das liegt auch daran, dass es mir aufgrund meiner Karriere schwer fällt, das Kriterium der Bedürftigkeit nachzuweisen. Weil wir aber wie ein Wirtschaftsunternehmen agieren und unsere künstlerische Freiheit sehr ernst nehmen, muss sich unsere Struktur immer dem Markt und der konkreten Idee anpassen. Wenn wir nun auf traditionelle Theater-Strukturen wie Werkstätten oder Orchester treffen, bereichert das unsere Arbeit - aber macht uns nicht bequem.
Zu Ihren Aufgaben zählt auch die künstlerische Leitung des Bühnentanzes an der Ballettschule Berlin. Werden die Schüler von Ihrer Arbeit in Dessau profitieren?
Seyffert: Das war in meinen Überlegungen nicht ausschlaggebend, scheint von der Dessauer Theaterleitung aber durchaus gewünscht. Immerhin war das Haus zu DDR-Zeiten Schauplatz der Ballett-Wettbewerbe, denen auch meine Laufbahn frühe Impulse verdankt.
Spielte bei der Entscheidung also auch Ihre biografische Nähe zu Dessau eine Rolle?
Seyffert: Tatsächlich bin ich dort immer wieder zu Gast gewesen - bei den Wettbewerben, zu Arila Siegerts Zeit in ihrer Arbeit "Der grüne Tisch" und mehrfach beim Weill-Fest. So gesehen, ist mir die Stadt tatsächlich nahe - zumal mich ihre Geschichte auch dank der Bauhaus-Tradition inspiriert.
Ist Ihr Schritt, der die Provinz zur Metropole erklärt, auch eine Absage an Berlin?
Seyffert: Die Berliner Ballett-Landschaft entwickelt sich momentan auf eine Monopolisierung zu - und müsste doch eigentlich gerade durch ihre Vielfalt hauptstädtischen Glanz entwickeln. Das bedauere ich auch deshalb, weil die Konkurrenz bislang das Geschäft belebte. Andererseits aber wäre ich nie so vermessen, unsere Dessauer Kooperation zum Prinzip für die deutsche Ballett-Landschaft zu erklären. Wir wagen einfach einen neuen Weg - und werden schon bald erste konkrete Schritte zeigen.
Gregor Seyffert & Compagnie mit "Stadtleben": Sonntag, 17 Uhr, Anhaltisches Theater; Karten an der Abendkasse.