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Mutmachbuch: «Das Alter kommt auf meine Weise»

Von Gregor Tholl 03.06.2009, 13:06

Hamburg/München/dpa. - «50-70-90» steht groß auf dem Rücken des neuen Buches «Das Alter kommt auf meine Weise». Die Zahlen stehen nicht für körperliche Idealmaße oder eine Waschanleitung, sondern für die Lebensalter, vor denen viele Jüngere wohl Angst haben.

Doch in einer Gesellschaft, in der die Menschen immer älter werden, muss sich jeder irgendwann dem späteren Lebensabschnitt stellen. Jetzt gibt es ein Buch, das beim Nachdenken über das Alter hilft - ein hervorragendes «Mutmachbuch» von Ilse Biberti und Henning Scherf.

Die Autorin Biberti (51), früher «Tatort»-Regisseurin und Kindern der 80er Jahre auch als Ilse aus der «Sesamstraße» bekannt, und Bremens ehemaliger Bürgermeister, der SPD-Politiker Scherf (70), sind erfahrene Bestsellerautoren. Ihre Bücher «Hilfe, meine Eltern sind alt» und «Grau ist bunt - was im Alter möglich ist» haben viele Leser und Fans gefunden.

Die Vorkämpfer für eine andere Sicht aufs Alter loten in ihrem gemeinsamen Buch nun auf sehr persönliche Weise aus, wie die Generationen 50 plus, die Alten (ab 70) und die Hochbetagten (ab 90) besser leben könnten.

Grundlage ist die Situation Bibertis, die - als die Buchidee entstand - seit Jahren ihre Eltern pflegte. Im ersten Drittel des Buches erzählt sie sehr anschaulich, wie es bei ihr zu Hause zugeht. Der Weg zu den später im Buch protokollierten Gesprächen mit Henning Scherf, der als Deutschlands prominentester Bewohner einer Alten- Wohngemeinschaft gilt, war nicht einfach.

Selten bekommen Nichtbetroffene so eindrucksvoll Einblick in den Alltag einer Frau, die wieder bei ihren Eltern einzieht und sie pflegt. Das ist nicht geschönt und zum Teil tragikomisch, etwa wenn der eher konservative Vater eifersüchtig auf den künftigen Co-Autoren der Tochter wird, den «roten Lulatsch», wie er sagt - und das dann aber gleich wieder vergisst.

Biberti gelingt ein meisterlicher Ton, der die Würde der beteiligten Menschen wahrt. Später geht das Buch vom Persönlichen zum Gesamtgesellschaftlichen über. Der Leser kommt ins Nachdenken darüber, wie er eines Tages leben will.

«Lebenskonzepte heute für morgen» lautet der Untertitel des Buches. Und dabei wird niemand dazu gedrängt, auch eine Alten-WG zu gründen. Warum aber müssen in einem Land wie Deutschland so viele ältere Menschen vereinsamen? Sie kochen jeden Tag für sich und haben niemanden zum Reden, obwohl vielleicht ein paar Türen weiter ein gleichaltriger Mensch in genau derselben Situation steckt. Muss die Angst, in der Nachbarschaft zu klingeln, und die Gründung eines «Kochkreises» anzuregen, unüberwindbar sein?

Ideen dieser Art und viele positive Beispiele wollen die Autoren übrigens auf einer eigens gegründeten Internetseite sammeln und bündeln.

Ilse Biberti/Henning Scherf: Das Alter kommt auf meine Weise.

Lebenskonzepte heute für morgen

224 S., Euro 16,95

Südwest-Verlag, München

ISBN: 978-3-517-08527-2