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Musiker Musiker: Rainald Grebe beendet in Leipzig seine Konzerttour

Von Mathias schulze 20.07.2012, 17:21

leipzig/MZ. - Da steht er nun und sucht - nach neuen Hits. "Sag nicht Verfassungsschutz, sag Salzleckstein für die NPD." Wäre das einer? Rainald Grebe tanzt noch schnell in Hamburg und Dresden den Handtaschentanz im Haus der Kulturen der Welt. Dann ist Schluss. Zumindest mit seiner großen Orchesterbühnenshow, sagt er.

Donnerstagabend auf der Bühne im Leipziger Zetkinpark: Während Grebe wild gestikulierend die Augen aufreißt, kündigt er eine Metamorphose an. Noch den Indianerschmuck auf dem Kopf fasst er sich ans Herz: "Ich bin so kaputt. Das war doch früher nicht so. Was ist denn da los?"

Grebe kommuniziert an diesem Abend auffallend häufig mit seinem 74-jährigen Cellisten, fragt ihn, ob er 2014 noch vor Nashörnern in Afrika die Länderhymnen spielen will, spricht von der Rückkehr zur alten Kleinkunstbühne, vom Alter und ironisiert seinen Kultstatus. Hier steht jemand und reflektiert: Kann es so weiter gehen? Am ersten Mai marschierten vermummte Linke im Prenzlauer Berg und zitierten sein gleichnamiges Lied: "Ho, Ho, Holzspielzeug".

Grebe hat Identifikationsgut geschaffen, dass ihm jetzt zurückgespielt wird. Der Manfred, den es in jedem Haufen gibt, der da immer steht. Dörte, die der Ausweg aus der Spaßgesellschaft ist. Brandenburger, die dort gegen einen Baum gurken. Sie alle besuchen nun seine Konzerte. Feiern ihren Rainald, der auch gar nicht "Oben" sein will, und vornehmlich sich selbst.

Grebe wollte es so. Auf der großen Bühne spielt er seine subtileren Lieder ("Familie Gold", "Es gibt kein richtiges Leben im Falschen") nicht. Hier tanzt er mit 20-Jährigen den Handtaschentanz, schwingt den Allerwertesten ins Publikum, zeigt seinen Ausschlag am Bauch und macht den Clown.

Dabei steckt in diesem bademanteltragenden Irrwisch ein genauer Beobachter, ein Soziologe der Mittelschicht und der Zwischentöne. Grebe weiß das. Er spürt es, er kommentiert und kategorisiert seine Show. Er will in Dresden die Handtaschen verschenken. Es wird Zeit. Er muss sich neu erfinden. Oder es wenigstens versuchen.

Sein Lied "Aufs Land" spielt die Problematik durch: Genervt von der Großstadt, geht es in die Natur. Dort gibt es aber nur die Dorfdeppen. Und die Freunde kommen nicht zu Besuch. Kann Grebe zurück auf die kleineren Bühnen? Sein Habitus, seine winkende Katze auf dem Flügel, sein permanentes Ironisieren ist über Jahre gewachsen, steckt in seiner Haut. Es nutzt sich ab. Zwischendurch war der 41-Jährige auch mal ein kritischer Kabarettist. In Leipzig tritt er seit 2008 am Centraltheater als Regisseur und Schauspieler auf. Seit Anfang diesen Jahres gibt es ein neues Soloprogramm, das seine Kindheit und Jugend erforscht. Was wird die Zukunft bringen?

Dass es eine Metamorphose geben muss, lässt Grebe auf der Leipziger Parkbühne mehrfach indirekt zum Ausdruck kommen. Man wünscht ihm ein wenig Landleben und darf mit einer berechtigten Hoffnung gespannt sein.