Musik Musik: Sitzpinkler und andere neue Männer
Berlin/dpa. - Auf der Single «Frauen sind die neuen Männer» lästern dieMusiker über starke Weibsbilder, die Sex und Liebe trennen. Nichtganz ernst gemeint: «Wir arbeiten ja mit den Mitteln der Ironie,Satire und Groteske, seit wir denken können», sagt FrontmannSebastian Krumbiegel bei einem Besuch im Hauptstadtbüro der DeutschenPresse-Agentur dpa in Berlin. «Wir sind garantiert nicht in der Eva-Herman-Ecke zu finden.» Das Cover zieren Füße eines Mannes, der imSitzen pinkelt - daneben das weibliche Pendant im Stehen.
Bekannt wurde die Band, bei der sich die Goldenen und Platin-Schallplatten stapeln, nach dem Mauerfall mit A-cappella-Gesang undGassenhauern wie «Alles nur geklaut» und «Küssen verboten». Heutesind Die Prinzen, die als Jungen in berühmten Chören sangen, keineBoygroup mehr, sondern Familienväter über 40. Die ostdeutsche Band -nicht zu verwechseln mit altem DDR-Rock - hat ihre Nische imMusikgeschäft gefunden. Die Prinzen gehören zu Leipzig wie BAP zuKöln.
Die Band engagiert sich gegen Rechtsextremismus; Krumbiegel wurde2003 von Skinheads überfallen. Die Musiker wollen aber ihrepolitische Seite nicht überschätzen. «Am Ende machen wir Popmusik undsehen uns als Entertainer», sagt Krumbiegel (42). Was ihm am Herzenliegt: Wählen gehen und bei Ausländerfeindlichkeit «reingrätschen»,wenn jemand von «Fidschis» oder «Kanaken» spricht.
Auch zum Thema illegal CDs brennen haben Die Prinzen einedeutliche Meinung. «Es gehört sich nicht», schimpft Bariton TobiasKünzel (44). Beim Bäcker klaue man ja auch keine Brötchen. Wie vielein der Branche lebt die Band heute von Konzerten. Im Frühjahr 2009gehen Die Prinzen mit dem neuen Album auf Tournee. Der Auftakt ist am5. März in Erfurt geplant, danach stehen die Musiker bis 5. April 24Mal auf der Bühne, bevor sie sich in die Festivalsaison stürzen.
Die Prinzen finden sich mittlerweile sogar in Schulbüchern. In denUSA lernen Schüler mit ihren Texten die deutsche Sprache, erzähltKrumbiegel. «Das ist natürlich großartig.» Der Konjunktiv wird dortzum Beispiel mit der Zeile «Ich wär' so gerne Millionär» erklärt.Musik funktioniert als Kulturvermittler bei Jugendlichen, das wissenDie Prinzen. «Tokio Hotel hat im Ausland das erreicht, was dasGoethe-Institut seit 20 Jahren versucht hat», sagt Künzel. DerBlondschopf lebt derzeit mit seiner Familie in London und lässt sichdort inspirieren. «Das ist die tollste Stadt der Welt, auch wenn ichdas als Leipziger nicht sagen darf.»
Auf dem neuen Studioalbum nach vier Jahren Pause klingen DiePrinzen zum Teil poppiger als früher, zu hören sind bei den 12Liedern auch Balladenklänge, Anleihen beim Swing und beim Sound vonQueen. In «Be cool speak Deutsch» nehmen sie Anglizismen aufs Korn.Produzent ist Mousse T., der schon Tom Jones zu seinem Hit «Sex Bomb»verhalf. Vor Mousse T. hat die Band Respekt. «Das ist einer, dem wirauf Augenhöhe begegnen», sagt Krumbiegel.
Anders als manche Fans vermuten, leben die fünf Sänger nicht ineiner WG, sondern gehen privat auch gern mal getrennte Wege. Siesehen sich als eine Art Familie. «Wir wissen schon, was wiraneinanderhaben», sagt Krumbiegel. Kürzlich waren sowohl Krumbiegelals auch Künzel mit ihren Familien im Urlaub in Kalifornien - undhaben sich von unterwegs gerade mal eine einzige SMS geschickt.