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Musik Musik: Pianist und Dirigent Justus Frantz wird 60 Jahre alt

Von Konrad Dittrich 17.05.2004, 05:40
Am Dienstag wird Justus Frantz 60. (Foto: dpa)
Am Dienstag wird Justus Frantz 60. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Er ist einer der bekanntesten klassischen MusikerDeutschlands. Manche sagen, nicht der größte. Das ficht ihn wenig an.Am (morgigen) Dienstag wird Justus Frantz 60. Viele werden es nichtglauben, denn für sie ist der Pianist und Dirigent mit dem breitenLächeln immer noch «ein großer Junge». Auch an seinem Geburtstag istder Rastlose unterwegs: Mit seiner «Philharmonie der Nationen» gibter ein Gastspiel im Berliner Konzerthaus. Dort will er auch für seineneue Stiftung werben, die talentierte Musiker fördern soll.

«Die von innen kommende Fröhlichkeit, das große Lachen» mache ausdem «großen Künstler einen großen Kommunikator», sagte der frühereZDF-Intendant Dieter Stolte über ihn. Für Stoltes Sender moderierteFrantz jahrelang die Fernseh-Show «Achtung! Klassik», in der er einemMillionenpublikum klassische Musik näher bringen wollte. Er bekamdafür mehrere bedeutende Fernsehpreise. Allerdings stieß der vonseinen Anhängern als sympathisch und von seinen Gegnern alsegozentrisch beschriebene Künstler nicht auf einhellige Begeisterung.Der Musikkritiker Joachim Kaiser etwa urteilte über ihn: «JustusFrantz ist als Pianist besser, als seine Kollegen sagen. "Achtung!Klassik" ist aber lediglich eine auf ihn zugeschnittene Personality-Show. Sie schadet nicht, aber nützt auch nichts.»

Justus Frantz stammt aus Hohensalza in Schlesien. Die Kriegswirrenbrachten Mutter und fünf Kinder nach Schleswig-Holstein. Auf GutTesdorf verlebte Justus seine Jugend. Durch einen Onkel wurde er aufdie Musik aufmerksam und gab das begonnene Jurastudium zu Gunsten desKlaviers auf. Eliza Hansen und Wilhelm Kempff waren seine Lehrer. Erhatte Glück, durfte 1970 für Jörg Demus in London einspringen. KeinGeringerer als Herbert von Karajan hatte ihn geholt. Fünf Jahrespäter absolvierte er in einer Konzertreihe der New YorkerPhilharmoniker unter Leonard Bernstein sein USA-Debüt.

Vor 25 Jahren, als er für seinen Freund Christoph Eschenbach aufGran Canaria einsprang, entdeckte er seine Liebe zu der Kanaren-Insel, kaufte sich einen kahlen Hang und baute dort die «Casa de losMusicos». Angeblich wurde auf dieser Finca bei nächtlichen Gesprächenmit Altbundeskanzler Helmut Schmidt und dem damaligenMinisterpräsidenten Uwe Barschel die Idee des Schleswig-HolsteinMusik Festivals geboren. Am 7. Juli 1985 mit einem Konzert im KielerSchloss aus der Taufe gehoben, entwickelte sich das Festival seit1986 zum «musikalischen Flächenbrand». Von Jahr zu Jahr wurden esmehr Konzerte. Freunde warnten den Musikmanager Frantz, der währendder beiden Festivalmonate überall zu sein schien, sich nicht zuübernehmen und nannten ihn «Hans Frantz in allen Gassen».

Nach neun Festivaljahren und einer neuen Regierung knirschte eszwischen dem Landeshaus in Kiel und der Intendanz in Hamburg. Frantzwurden Unkorrektheiten im Finanzgebaren vorgeworfen. Von einemDefizit in Höhe von 3,75 Millionen Mark war die Rede. Frantz warf imNovember 1994, mitten in den Vorbereitungen zur zehnten Saison, dasHandtuch. Sein «Kind», das Festival, überlebte. Auf hartnäckigesNachfragen zu seiner Zukunft sagte er damals: «Ach, wissen Sie, wennetwas zu Ende geht, kommt etwas Neues.» Das Neue war im Jahr daraufdie «Philharmonie der Nationen», ein Jugendorchester, das demNachwuchs aller Kontinente die Möglichkeit gibt, internationalErfahrungen zu sammeln.

Der große Dirigentenkollege Gerd Albrecht hat einmal gesagt,Justus Frantz könnte so etwas wie den «Kulturminister West-Europas»abgeben. Vermutlich wäre das nichts für ihn. Er hätte zu viel mitBürokratie zu tun, und das ist nicht seine Stärke. Auch wegen derPhilharmonie gab es Ärger mit Behörden. Ihm wurde vorgeworfen, nichtalle Mitglieder des großen Orchesters ordnungsgemäß gemeldet zuhaben. Die Parteien einigten sich 2003 außergerichtlich: Frantzzahlte 36 000 Euro Geldbuße - ohne Schuldeingeständnis, wie erbetont. Außerdem wurde die Rückzahlung vonSozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 964 000 Euro vereinbart, dievon Sponsoren übernommen wurden.