Musik Musik: Große Legende im Mini-Saal
DESSAU/MZ. - Schwer machen es ihnen die Fans nirgendwo - auch im Dessauer Hangar nicht, wo Dieter "Maschine" Birr und seine Bandkollegen Peter "Eingehängt" Meyer, Dieter "Quaster" Hertrampf, Peter "Bimbo" Rasym und Klaus Scharfschwerdt am Freitag sehr pünktlich "zur Spätschicht" erscheinen, wie Dieter Birr sagt, und "nur erstklassiges Material" versprechen.
Sachte fängt es an, aber dann feiern die Puhdys mit ihren Fans eine zunehmend ausgelassene Party, deren Besonderheit der gemeinsame Gesang ist. Wie innig er Seelen verbindet, lässt sich hier leicht studieren: "Wir wollen uns verneigen / vor all den Fans in tiefer Dankbarkeit", dichteten die Jubilare im Titelsong ihres aktuellen Albums "Abenteuer". Da werden die Herren ausnahmsweise pathetisch.
Ansonsten: die perfekte Mischung aus neuen Liedern und alten Gassenhauern, hundert Prozent Stimmung, null Ostalgie! Gute, laute, ehrliche Rockmusik. Mit auch akustisch verständlichen Texten, die immer einfach, aber nie dumm sind und auf die ihnen eigene Weise oft poetisch. Mit Melodien, die nach dem ersten Hören jedes Kind mitsingen kann. Kein Wunder, dass die meisten Menschen einen Puhdys-Hit leichter memorieren als die zweite Strophe von "Wenn ich ein Vöglein wär".
Die Puhdys sind die Puhdys, punktum. Weit davon entfernt, ihre eigene Legende anzuschmachten, lösen sie heute vitaler denn je ein, was ihr Name verspricht. Sie spielen, wie im Fall des bald 70-jährigen Keyboarders und Saxofonisten Peter Meyer, weit über die Rockerrente hinaus. Sie holen zwei junge Frauen als "Azubis" auf die Bühne, das schmückt ungemein, und treten auch sonst auf wie der nette Nachbar: "Na, da fang´ mer noch mal an", beschließt Maschine, als "Mein zweites Leben" verunglückt, weil er den Kapodaster falsch gesetzt hat. Nach genau einer Stunde und fünf Minuten ist es soweit: "Alt wie ein Baum" wird angestimmt, und die Musiker können Pause machen, denn nun singt die Menge.
Dafür lassen sie die "Eisbären" im frischen, krachenden Hardrock-Arrangement durch die Halle preschen, "Wilder Frieden" donnert jetzt im Metal-Sound. Sie schlagen mit dem bitterbösen Song "Ich bin der liebe Gott" und ihrer berühmten Version von "Hiroshima" ernste Töne an. Sie singen ein gecovertes Ostrock-Medley mit "Jugendliebe", "Kling Klang" und "Melancholie" und schließlich, kein besseres Finale hätten sie wählen können, die Anti-Atom-Hymne "Das Buch".
Auch so eine Sache, die mit den Jahren immer besser wird. Ein bierseliger Berliner, der schon am Neujahrstag dabei war, als die Rockopas vor 13 000 Menschen in die ganzjährige Geburtstagsfete starteten, kriegt sich vor Begeisterung über die "Klubatmosphäre" kaum ein. Nach zwei Stunden fahren fast 900 glückliche Frauen und Männer heim, nicht wenige reisen in Nobelkarossen. Die meisten könnten Kinder der Altrocker sein. Und in gewisser Weise sind sie es ja auch.
Mehr Konzerte in der Region:
6. Juni Naumburg, 12. Juni Thale