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Musik Musik: Elisabeth Schwarzkopf im Alter von 90 Jahren gestorben

Von Thomas Strünkelnberg 04.08.2006, 05:37
Die Sängerin und Gesangspädagogin Elisabeth Schwarzkopf ist tot. (Foto: dpa)
Die Sängerin und Gesangspädagogin Elisabeth Schwarzkopf ist tot. (Foto: dpa) Electrola/Fayer

Wien/Schruns/dpa. - Dort hatte sie zuletzt gelebt. Die 1915 in Jarotschin bei Posengeborene Sängerin, auch eine der letzten Diven der Opernwelt, galtals eine der größten Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts neben MariasCallas und Victoria de los Angeles. Im Juni war Schwarzkopf für ihrLebenswerk ein Echo Klassik der Deutschen Phono-Akademie zuerkanntworden. Die Auszeichnung hätte sie am 22. Oktober in Münchenentgegennehmen sollen.

Im Mozart-Super-Jahr ist die Erinnerung an Elisabeth Schwarzkopfsunvergleichliche Kunst vermutlich wacher denn je. Mozarts 22Bühnenwerke sind im Opernprogramm der Salzburger Festspiele zu sehen,und bei den Aufführungen der großen Opern, nicht zuletzt derPremierenoper «Le nozze di Figaro», hoffte mancher Opernfreund sicherauf Darstellungen, wie die Gräfin Almaviva oder auch die Fiordiligiin «Così fan tutte» von Elisabeth Schwarzkopf es waren. Ihr Namestand für unübertroffenen Mozart- und Strauss-Gesang, für subtileLiedkunst, aber auch für hoch artifizielles Singen.

Es war 1946 in Wien, als Plattenproduzent Walter Legge mit derjungen Sopranistin, die 1953 seine Ehefrau wurde, ein Hugo-Wolf-Liederarbeitete. Eineinhalb Stunden lang feilte er hartnäckig, bisHerbert von Karajan mahnte: «Kreuzige das Mädchen nicht.» Dochdie Sängerin mit dem «unerbittlichen Perfektionismus» (Legge) bestandden Test. Ihre Weltkarriere begann 1947 mit einem Gastspiel derWiener Oper in London. Seitdem sang sie an allen großen Bühnen. 1979gab sie ihren letzten Liederabend in Zürich.

Aber auf die glänzende Karriere fiel später ein Schatten: AlanJefferson, ein Vertrauter ihres Ehemanns, veröffentlichte Mitte der90er Jahre eine Biografie über die Diva und erhob Nazi-Vorwürfe. Zwargab die Schwarzkopf zu, 1940 den Beitritt zur NSDAP beantragt zuhaben. Behauptungen britischer Zeitungen, sie sei ein begeistertesParteimitglied gewesen, wies sie jedoch zurück. «Nur das, was für dasSingen Bedeutung hatte, habe ich getan», sagte sie in einemfilmischen Selbstporträt.

Schon 1946 bezeichnete Karajan sie als «vielleicht die besteSängerin Europas». Ihre Interpretation der Fiordiligi, Donna Elviraund Gräfin Almaviva in Mozarts «Cosí fan tutte», «Don Giovanni» und«Le nozze di Figaro» sowie der Strauss-Partien der Marschallin im«Rosenkavalier» oder der Gräfin in «Capriccio» setzten Maßstäbe - bisheute.

Ihre Stimme war einzigartig: Neben unbändigem Ausdruckswillenbesaß sie ein sofort wiedererkennbares Timbre und sang mit weichgeflutetem Ton. In Duetten mit Sängerinnen wie Irmgard Seefried oderElisabeth Grümmer «ergeben sich Klangmischungen, die zum Schönstengehören, was man klanglich von Frauenstimmen überhaupt hören kann»,schrieb Musikkritiker Jürgen Kesting. «Sie hat mit denWortnuancierungen eines subtilen Schauspielers und den feinen Farbeneines großen Malers gesungen.» Dies gilt vor allem für dieLiedaufnahmen.

Doch es gab auch kritische Stimmen. Manieristisch nannten vieleKritiker ihren Stil. Der Theaterwissenschaftler Jens Malte Fischerschrieb: «Mehr Kunst als Natur - wer den sängerischen Naturlaut beiElisabeth Schwarzkopf sucht, der wird ihn schwerlich finden.»

Seit den 80er Jahren trat die Schwarzkopf als Gesangspädagoginhervor - und mahnte ihre Schüler, die Zeit zu nutzen. «Natürlich mussman singen in der Zeit, in der man singen kann. Das Leben des Sängersist kürzer als jedes andere», betonte sie. «Man muss in diesen Jahrenenorm viel lernen. Ich habe viel gelernt, aber leider, wie ich jetztweiß, niemals genug.» Zu den Schülern der Schwarzkopf zählen dieinternational renommierten Baritone Thomas Hampson und MatthiasGoerne. Keine schlechte Bestätigung ihrer pädagogischen Fähigkeiten.