Museumschef Roth fordert mehr Einsatz der Politik bei Beutekunst
Dresden/dpa. - «Es geht um Erhalt und Sicherung der Kunstwerke und nicht um politische Parolen», sagte er anlässlich der Ausstellung «Bonjour Russland» in Düsseldorf in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Nach Schätzungen des Bundes lagern noch immer etwa eine Million Kunstwerke sowie Bücher und Akten aus deutschen Sammlungen und Museen in Russland, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges verschleppt wurden.
Unabhängig vom Verhältnis zwischen deutschen und russischen Museen sei es «unverständlich, weshalb der deutsche Kulturminister auch in Anbetracht der Restitutionsdiskussion nicht schon längst eine Debatte über deutsche Kunstschätze von nationaler Bedeutung begonnen hat», sagte Roth. «Denn nur wenn wir wissen, wo sich welche Objekte befinden, können wir einer solchen Debatte in Russland auch im positiven Sinne etwas entgegensetzen», so der Museumschef. «Man sollte von einem Kulturminister des Bundes erwarten dürfen, dass er genaue Fehllisten erarbeiten lässt, egal ob es um Russland, Polen oder andere ehemals kommunistische Staaten geht wie die Ukraine, wo sich auch noch manche unserer Stücke befinden», so Roth.
«Eine solche Liste müsste aber auch die Kunstwerke enthalten, die sich heute in Museen, Sammlungen und bei Privatsammlern in den Staaten der ehemaligen Alliierten befinden.» Die Dresdner Museen setzten mit Erfolg auf Ausstellungskooperation und Personalaustausch. «Im Prinzip wünsche ich mir nichts anderes, als dass wir unsere russischen Kollegen genauso als Partner betrachten wie unsere englischen, französischen oder amerikanischen.» Wichtig sei, dass fehlende Werke gefunden, gesichert, restauriert, erhalten und ausgestellt würden. «Nur dann besteht eine gewisse Hoffnung, dass auch verloren geglaubte Stücke in Zukunft zugänglich sein werden.»
Alles weitere liege im Geschick und Aufgabenbereich der Kulturpolitik. «Ein langer Atem und nachhaltiges Denken sind besser als schnelle politische Statements», so Roth. «Trotzdem darf auch in der Kulturpolitik nie vergessen werden, dass die Beutekunstdebatte die Folge des grausamen Krieges ist, den die Deutschen auch mit der Absicht begonnen haben, andere Kulturen komplett zu zerstören.» Ziel der Dresdner Museen sei es, auch auf die gemeinsame Geschichte zu bauen und das enge Verhältnis zu den russischen Museen zu erhalten und zu verbessern. «Ob dies irgendwann auch zu Rückgaben führen wird, vermag ich nicht zu sagen. Das ist derzeit aber auch nicht mein erstes Ziel.»
Gespräch: Simona Block, dpa