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Mozartjahr Mozartjahr: Glocken, Torte und Konzerte

28.01.2006, 13:21

Wien/Salzburg/dpa. - Premieren in Wien, Basel undParis bestätigten das Wort von Nikolaus Harnoncourt in seinerKünstlerrede zum Salzburger Festakt: «Mozart bleibt immerrätselhaft».

In die Jubelfeiern mischten sich auch mahnende Untertöne undKritik. So erinnerte der österreichische Bundespräsident HeinzFischer beim Festakt in Salzburg daran, dass der 27. Januar nicht nurMozarts Geburtstag, sondern auch der Jahrestag der Befreiung des KZAuschwitz gewesen sei: «Österreich hat nicht nur Mozart, sondern auchEichmann hervorgebracht, als Menschen, die astronomisch weitvoneinander entfernt sind». Mit seinen nachdenklichen Worten warFischer in Einklang mit dem Musiker Harnoncourt. Der Dirigentkritisierte unter anderem die Kommerzialisierung der Kultur

Harnoncourt ließ bei seiner Künstlerrede zum Geburtstag am Freitagzuerst zwei Sätze lang Mozarts g-moll-Sinfonie KV 550 sprechen. «Nachdieser unfassbaren Musik - wo jede Sprache arm wird, wo wir schweigenmüssten, jetzt soll ich noch etwas über Mozart sagen...», beschrieber sein Dilemma, Musik in Worte zu fassen. Er gab in Salzburg, wo dieösterreichische EU-Ratspräsidentschaft just am Geburtstagswochenendezu einem Symposion eingeladen hatte, zu bedenken: «Österreich heißtin diesem Jahr Mozart. Aber das hat nichts mit ihm zu tun, mehr mitGeld und Geschäft. Eigentlich müssten wir uns alle genieren.» Wenn soein Besinnungsjahr einen Sinn haben solle, «müssen wir hören, hören,hören».

Die Premieren des Mozart-Wochenendes von Deckers Neuinszenierungdes «Idomeneo» bis zu Michael Hanekes erster Opernregie mit «DonGiovanni» in Paris verdeutlichten einmal mehr die Vielschichtigkeitim Werk des Komponisten - und das unerschöpfliche Potential anDeutungen und Konflikten. Deckers psychologisch angelegteInszenierung mit wenigen, klaren Bildern lenkte in zeitlosem Rahmenund mit einem virtuosen Ensemble die Aufmerksamkeit auf die Musik.Haneke spaltete das Publikum mit einer Übertragung in die heutigeManagerwelt.

Andreas Pflügers Oper «Der schwarze Mozart», die in Baseluraufgeführt wurde, will ergründen, wie eine Begegnung mit Mozartheute verlaufen könnte. Der spannende Ansatz, einen nigerianischenStudenten in Wien auf magische Weise zu Mozart und dessen schwarzenZeitgenossen Angelo Soliman Kontakt aufnehmen zu lassen, litt an derÜberfrachtung mit Themen wie Rassismus, Starkult und Selbstfindung.

Die Feste in Salzburg und Wien eröffneten jeweils Programme zum«Mozartjahr», bei denen die Veranstalter besonders auf«Nachhaltigkeit» pochten. Die Ausstellungen «Vivat!Mozart» inSalzburg oder die Info-Schau im «Mozarthaus Vienna» sollen denBesuchern auch die Zeit des Komponisten näher bringen. AufVerbindungen zur Gegenwart wird ebenfalls Wert gelegt: In Wien begannder Pianist Mauricio Pollini seinen Konzertzyklus «Pollini-Perspektiven», in dem er jeweils Mozart-Kompositionen mitzeitgenössischen Werken verknüpft.

Den Auftakt am Wochenende aber dominierte die Lust zurUnterhaltung und zur klassischen musikalischen Heldenverehrung.Unzählige Reisebusse steuerten die Originalschauplätze an, Musikfanssammelten sich für Gruppenfotos vor den Mozart-Denkmälern unddrängten in Pilgergänge zu Geburtshaus und Wohnstätten. Die Shop-Inhaber naschten kräftig mit an den Feiern.

Thomas Gottschalk bei «Wetten, dass....?» aus Salzburg war esschließlich überlassen, in einer Nebenbemerkung das Resümee zumWochenende zu ziehen. Der Showmaster gab sich dem Charme derSopranistin Cecilia Bartoli geschlagen, als diese eine Wette verlor -und begleitete sie im Duett als Papageno. «Mozart hat schon vielesüberlebt, er wird auch das überleben», merkte er selbstkritisch an.