Moritzburg Moritzburg: Anhalts Schatzkammer
Halle (Saale)/MZ. - Viel Anhalt steckt in Halle. Im Schlossgarten Dieskau zum Beispiel, von 1770 an in englischer Manier gestaltet von dem Wörlitzer Landschaftsgärtner Johann Georg Gottlieb Schoch. In Reichardts Garten, jenem zur "Herberge der Romantik" ausgerufenen Landsitz in Halle-Giebichenstein, dessen Erwerb die Dessauer Fürstin Louise finanzierte. In der Großen Ulrichstraße, in der der "Alte Dessauer" als Kommandant der preußischen Garnison Halle logierte. Jener Fürst, der vor der Moritzburg einen Exerzierplatz anlegen ließ, der heute als Parkplatz dient.
Die Sammlung Banse
Da ist es naheliegend, dass sich die Stiftung Moritzburg für sechs Monate als Hauptquartier der anhaltischen Kunstgutpflege empfiehlt. Oder genauer: der anhaltinischen. Denn das, was von heute an unter dem Titel "anHALTsichten" im historischen Talamt und im alten Wehrgang der Burg hauptsächlich an Münzen und Medaillen, an Orden und Ehrenzeichen gezeigt wird, verdankt sich der bis 1918 währenden Herrschaft des Hauses Anhalt in all seinen Linien.
Münzen vom elften Jahrhundert an bis ins 20. Jahrhundert, rund 350 Objekte insgesamt. Von hohem materiellen Wert nicht wenige, von höchstem kulturhistorischen Wert durchweg alle. Man sieht hier für ein halbes Jahr sozusagen den Schatz der Anhaltiner: Gold- und Silbermünzen, von den Urzeiten der askanischen Stammväter Esiko und Albrecht her. Auch wer sich nicht eigentlich für Münzen interessiert, zieht mit Staunen an den Vitrinen entlang, in denen auf grauen Pyramiden das Gepräge und Gepränge des 800 Jahre alten Anhalts zu sehen ist.
In einer Fülle und Geschlossenheit der Überlieferung wie nirgendwo sonst. Denn das Herzogliche Münzkabinett in Dessau wurde Anfang der 30er Jahre zu großen Teilen verscherbelt, anderes gilt als verschollen in der Sowjetunion. Die städtischen Münzsammlungen in Dessau, Magdeburg und Halle erlitten Kriegsverluste. Einem Glücksfall gleicht daher die Überlieferung der nun in Teilen in der Moritzburg präsentierten Münz- und Medaillensammlung des aus Bernburg stammenden Chemikers Guido Banse (1869-1944 / 1945). 3 118 Stücke verkaufte dieser 1939 für 30 000 Reichsmark an die Stadt Bernburg. Diese gab die Kollektion 1987 mit einem unbefristeten Nutzungsvertrag an die Moritzburg ab.
Bär unter dem Birnbaum
Was eine noch nirgendwo eingerichtete Schatzkammer Anhalts zeigen könnte, ist hier zu sehen: Medaillen für Katharina die Große, den Aufklärer-Fürsten Franz, den Begründer der Fruchtbringenden Gesellschaft Ludwig I. von Köthen. Der Bruststern des Großkreuzes des Hausordens Albrechts des Bären, eine Medaille auf den Tod des Alten Dessauers, eine von Bauhäuslern gestaltete "Ehrengabe der Stadt Dessau". Der Bär, als Wappentier der Askanier, in vielen Varianten. Am schönsten auf einem von insgesamt 38 Dukaten, die 1825 aus reinem anhaltischen Gold geprägt wurden, gefunden im Birnbaumschacht von Harzgerode. "Ex Auro Anhaltino" ist da zu lesen: aus anhaltischem Gold. Zu sehen ist ein Bär unter einem Birnbaum.
Ist die von Ulf Dräger kuratierte Auswahl der Banse-Kollektion eine Sehenswürdigkeit, so ist die Präsentation von 21 Kupferstichplatten eine kleine Sensation. Platten, die einst für die von 1710 an veröffentlichte "Historie des Fürstentums Anhalt" von Johann Christoph Beckmann gefertigt wurden.
Noch nie wurden die Stücke öffentlich gezeigt, die seit den 50er Jahren in der Moritzburg nachweisbar sind, und eventuell aus Zerbst oder Dessau stammen. Man kennt die von unbekannten Stechern hergestellten Bildblätter und Motive dieses berühmtesten anhaltischen Geschichtswerkes: Dessau, Coswig, Bernburg, Köthen und so fort. Der hallesche Künstler Burghardt Aust hat Abzüge von den uralten Platten hergestellt, alle nunmehrigen Kratzer, Farbanhäufungen und hellen Flecken in Folge von Ausbeulungen inklusive. Die Beckmann-Platten zu sehen, ist ein Ereignis. Wer im Sommer auf Anhalt-Tour geht, wird in der Moritzburg einen Halt einlegen müssen.
Eröffnung heute 18 Uhr im Zuge der Museumsnacht Halle-Leipzig. Bis 22 Uhr Druckvorführung anhand originaler Druckplatten des 18. Jahrhunderts mit Burghardt Aust. Die Schau läuft bis 7. Oktober, täglich Di 10-19, Mi-So 10-18 Uhr.