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Mike Kilian Mike Kilian: Auf eigene Faust ins zweite Leben

Von Steffen Könau 23.01.2003, 15:54

Halle/MZ. - Zuletzt ist er über die Dörfer gezogen. Der Mann, der einst mit der Band Rockhaus angetreten war, die Altrocker von den Puhdys abzulösen und in die staubige Welt des DDR-Rock ein bisschen buntes Glitzern zu blasen, machte in Provinzkneipen den Mick Jagger: Statt eigener Hits wie "I.L.D." sang Mike Kilian als Chef der Stones-Coverband Starfucker lieber "Satisfaction".

Die Zeiten sind nicht so, dass die prägnanteste Stimme des Ostrock es sich noch hätte aussuchen können. Der mit dem epischen Projekt "Wagnerama" anvisierte Sprung auf den internationalen Markt scheiterte. Der Vertrag mit einer großen Plattenfirma platzte. Ein lange geplanter Comeback-Versuch mit Rockhaus wurde zum Flop. Statt die Puhdys zu beerben, stand Mikel, wie ihn seine Fans nennen, also in Hamburg auf der Musicalbühne, er tourte mit Händels "Messias" - und bastelte zwischendurch im stillen Kämmerlein an seinem ersten Soloalbum.

Immerhin zehn Jahre hat er sich Zeit gelassen für "Immer Anders". Und herausgekommen ist ein für den Ex-Punk untypisches Werk: Statt scharfem Gitarrenrock vertraut der 39-Jährige auf satten Soul, Dance-Rhythmen und seltsame Computerklänge, statt die Stimme in epische Hymnen zu hüllen, tastet sie jetzt zumeist in Chöre verpackt nach der Melodie.

Flüstern statt schreien, nachdenken statt vorturnen. Auch in seinen Texten ist Mike Kilian nicht mehr der junge Wilde, der nur den Spaß im Blick hat. Ermutigt von Kollegen wie Xavier Naidoo offenbart der stets für einen smarten Frauenhelden gehaltene Berliner plötzlich seine sensible Seite. Choräle klingen da wie in der Kirche, Texte muten an wie ein Gebet. Ernüchtert singt Kilian von der "Macht der Gewohnheit", einem Stück, das seine am Rock'n'Roll-Leben zerschellte Ehe thematisiert. In "Land" geht es um Neid und falsche Freunde, "Zeit" klingt wie ein Hilferuf: "Warum gibt es kein zweites Leben?"

Kilian, mit 18 Titelstar des einzigen DDR-Jugendmagazins, hat die poltrige Selbstironie des Stars eingetauscht gegen ungeschminkte Ehrlichkeit. "Ein Leben in Samt und Seide/was ist das schon", singt er, und macht sich Mut: "Siehst die Geier schon fliegen/doch sie werden Dich nicht kriegen". Noch kämpft er, der "Sänger des Jahres" in der DDR, der hier alle Instrumente selbst eingespielt hat, noch mag er sich nicht abfinden damit, dass die Zeiten vorbei sind, in denen seine Songs stets Hits wurden. Kilian will es wissen, zur Not auf eigene Faust: Weil keine Plattenfirma sein Album vertreiben wollte, macht er das gleich auch noch selbst. Sein kleines Label dazu hat er augenzwinkernd Killingkilian Records genannt.