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Michael Haneke mit «Das weiße Band» im Wettbewerb

Von Karin Zintz 12.05.2009, 09:58

Hamburg/dpa. - Seine Filme haben immer etwas Verstörendes. Der in München geborene Österreicher Michael Haneke gibt sich nie mit allgemeiner Leichtigkeit zufrieden.

Stilistisch hoch elegant legt der 67-Jährige mit dem gestutzten weißen Vollbart, weißem Haar und sanfter Stimme seinen Finger gern in offene Wunden. Mit der deutschen Produktion «Das weiße Band» ist Haneke in diesem Jahr als einziger deutschsprachiger Regisseur wieder im Wettbewerb von Cannes vertreten.

Das in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen gedrehte Drama mit dem Untertitel «Eine deutsche Kindheit» erzählt die Geschichte eines Kinderchores in einem Dorf in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Hier häufen sich seltsame Unfälle, die wie Bestrafungen wirken. Ulrich Tukur, Susanne Lothar und Josef Bierbichler sind die Darsteller. Es sei ein «Film über die Ursprünge jeder Art von Terrorismus», sei er nun politischer oder religiöser Natur, sagte Haneke in einem Interview.

Eine Mischung aus Angst und Gewalt bildet den gefühlten Kern vieler Haneke-Filme, und die Angst ist es auch, die ihn als Thema nicht loslässt: «Wir sind eine ängstliche Gesellschaft, sie brauchen nur den Fremdenhass anschauen, der uns umweht», meint er. «Alle haben Angst, dass man ihnen etwas wegnimmt.» Es sei nur die Frage, wie eine Gesellschaft mit Angst umgehe: «Man geht schlecht damit um, wenn man sie verleugnet.»

Der Sohn eines Schauspieler-Paares hat sich schon früh bemüht, den Ängsten auf den Grund zu gehen: Er studierte Philosophie und Psychologie und drehte ab 1974 zunächst Literaturverfilmungen wie «Das Schloss» fürs Fernsehen. Mit seiner zweiten Kinoarbeit «Bennys Video» gelang ihm 1992 eine Provokation: Der heute fast visionär wirkende Film löste eine Diskussion über die Folgen von Gewaltvideos auf Jugendliche aus - ein Thema, das Haneke fünf Jahre später mit dem Schocker «Funny Games» weiter vertiefte. Hier quälen und foltern zwei Jugendliche eine Familie in einem Ferienhaus kaltblütig zu Tode, scheinbar ohne Motiv, ohne große Emotion, neugierig auf Leid - und begleitet von Gewaltdarstellungen auf dem Fernsehschirm.

Danach ging Haneke nach Paris, wo seine Arbeit auf größte Bewunderung stieß. In Frankreich verfilmte er mit Isabelle Huppert als Hauptdarstellerin den Roman «Die Klavierspielerin» von Elfriede Jelinek. In Cannes gab es dafür 2001 den Großen Preis der Jury. 2005 folgten ein Regiepreis in Cannes und der Europäische Filmpreis für seinen beunruhigenden Thriller «Caché» mit Juliette Binoche.