Megaupload.com Megaupload.com: Cyberkrieg um Mega-Mann Schmitz
AUCKLAND/MZ. - Sie wussten schon nicht mehr, wohin mit dem ganzen Geld. Es floss herein wie ein unendlicher Strom und beförderte den Größenwahn: Die vier Chefs des am Freitag von der US-Bundespolizei FBI verhafteten Multimedia-Imperiums Megaupload fuhren nicht nur teure Edellimousinen. Nein, sie statteten sie auch mit Nummernschildern wie "Hacker", "Mafia" und "Schuldig" aus.
Hinter profitträchtigen Seiten wie Megaupload, Megavideo oder Megarotic stand Kim Schmitz, einst Hacker und Internet-Unternehmer, vor zehn Jahren in Deutschland aber wegen Insiderhandels an der Börse zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der schillernde Mann aus Kiel begann neu. In Hongkong gründete er Megaupload, einen Dienst, der Nutzern offiziell ermöglichen sollte, große Datenmengen über das Internet auszutauschen. Das Prinzip eines solchen Filehosters ist einfach: Ein Film, eine CD oder ein Softwareprogramm wird auf die Server der Firma geladen und ein Link generiert. Über den kann sich jeder die Daten herunterladen.
Rechtliche Grauzone
Nach außen behauptete die Firma, völlig legale Leistungen anzubieten. Doch in Wirklichkeit wähnte sich Schmitz in einer rechtlichen Grauzone. Megaupload und die Videoseite Megavideo akzeptierten auch das Hochladen von urheberrechtlich geschützten Filmen. Und die Verbreitung der Downloadlinks über Blogs, Foren und Netzwerke.
Mit Erfolg. Megaupload wurde täglich bis zu 50 Millionen Mal aufgerufen und hatte mehr als 150 Millionen registrierte Benutzer. Nach Angaben des FBI nahm die von Neuseeland aus gelenkte Firma seit 2005 rund 175 Millionen US-Dollar (135 Millionen Euro) an Werbegeldern ein. Zur Aufrechterhaltung des Dienstes benutzte das Unternehmen eine eigene Infrastruktur. Allein im US-Bundesstaat Virginia kontrollierte Megaupload 525 Server, 630 weitere standen in den Niederlanden.
Kritik von Plattenfirmen und Filmindustrie schmetterte Schmitz stets mit dem Hinweis ab, dass die Seiten seines Mega-Imperiums urheberrechtlich geschütztes Material löschten, sobald Rechteinhaber das forderten. Im vergangenen Jahr inszenierte sich das einstige Schwergewicht der deutschen Dotcom-Branche sogar als Piratenjäger. In einer Email an den Internet-Bezahldienst Paypal wies Schmitz darauf hin, dass eine Reihe von anderen Filehostern Nutzer dafür bezahle, illegal Filme oder Musik hochzuladen. "Und zur Überweisung des Geldes an die Rechtsverletzer nutzen sie Paypal." Seine Firma sei bereit, mit allen "Partnern" über eine bessere Abstimmung zu verhandeln. Seine Firma nannte Schmitz vorbildlich: Eine spezielle Missbrauchs-Software entferne illegale Dateien sogar automatisch.
Aber auch dieses Ablenkungsmanöver zog nicht. Längst war der schillernde Schmitz ins Visier der US-Behörden geraten, denen die heimische Unterhaltungsindustrie im Nacken sitzt. Eben erst versuchten US-Politiker, ein neues Gesetz einzubringen, dass es ermöglichen würde, der Verletzung von Urheberrechten verdächtige Seiten zu sperren. Dagegen hatten sich Bürgerrechtler und Internetaktivisten, aber auch die Suchmaschine Google und das Netzlexikon Wikipedia stark gemacht. Gebe es erst einmal eine Infrastruktur, mit der staatliche Stellen das Netz nach guten und bösen Seiten sortieren können, sei die Gefahr groß, dass wahllos gesperrt werde, hieß es.
Von internen Daten verraten
Der Versuch einer umfassenden Netzregulierung durch neue Gesetze scheiterte vorerst. Doch gegen Megaupload reichen auch die alten. Nach monatelangen Ermittlungen, bei denen es den Fahndern offenbar gelang, auch an interne Daten und Mails von Mega-Firmen heranzukommen, glauben die US-Behörden beweisen zu können, dass Megaupload nur versucht habe, sich einen legitimen Anschein zu geben. Dazu seien die Hitlisten der beliebtesten Download so manipuliert worden, dass illegales Material nicht auftauchte, obwohl es am häufigsten heruntergeladen wurde. Alle in der Firma, in der ein Grafiker eine Million im Jahr verdiente, hätten gewusst, was sie taten, so die US-Staatsanwälte. In einem internen Chat habe ein Mitarbeiter gescherzt "wir sind die Piraten von heute". Ein anderer antwortete: "Nein, wir sind keine Piraten, vermieten nur die Schiffe an sie."
Eine Haltung, die Schmitz’ Truppen Sympathien einbrachte. Erst vor kurzem hatten Stars wie Kanye West, Will.i.am und Alicia Keys mit einem "Megaupload-Song" beim Konkurrenten Youtube für Schmitz’ Portal geworben. Vergebens: Seit Freitagnacht sind alle Seiten abgeschaltet, Schmitz und drei weitere Manager sitzen in Haft. Der Vorwurf lautet auf Urheberrechtsverletzungen, die einen Schaden von einer halben Milliarde Dollar angerichtet haben solle. Ihnen drohen mindestens sechs Jahre Gefängnis.
