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Meckelsche Sammlungen Meckelsche Sammlungen: «Das vorzüglichste Cabinett» der Anatomie

Von andreas montag 13.12.2012, 18:43

Halle (Saale)/MZ. - An zwei Geschichten kommt man nicht vorbei, wenn von den Meckelschen Sammlungen zu Halle die Rede ist. Die erste ist verbürgt und nachprüfbar, die zweite eine Anekdote und hat mit der ersten zu tun: Philipp Friedrich Theodor Meckel, der mittlere im Dreigespann der schon zu Lebzeiten berühmten Ärztefamilie, hatte verfügt, man solle ihn nach seinem Ableben skelettieren und der von seinem Vater Johann Friedrich Meckel d. Ä. begründeten anatomischen Sammlung einverleiben.

Mag sein, dass auch der Gedanke an den Nachruhm eine gewisse Rolle dabei gespielt hat, in der Hauptsache aber ging es Philipp Meckel wohl darum, das Ansehen der seinerzeit mit Argwohn und Vorbehalten betrachteten Anatomie durch die Spende des eigenen Skeletts aufzubessern. Also geschah es, berichtet Professor Rüdiger Schultka in dem prachtvoll mit vielen farbigen Fotografien ausgestatteten Band "Das vorzüglichste Cabinett", der im Verlag Janos Stekovics erschienen ist und am Freitag um 17 Uhr im Hörsaal des halleschen Instituts für Anatomie und Zellbiologie in der Großen Steinstraße 52 vorgestellt wird. Am 17. März 1803 war Philipp Meckel gestorben, seine Söhne Johann Friedrich Meckel d. J. und Albrecht August Meckel erfüllten das Vermächtnis ihres Vaters und wurden überrascht. "Am Skelett fand man anatomische Besonderheiten: ein 13. Rippenpaar, und zwar Lendenrippen, sowie einen zusätzlichen Wirbel zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule", schreibt Schultka, der 1939 geboren wurde, selbst Anatom ist und sich seit Jahrzehnten um den Bestand der Meckelschen Sammlungen kümmert. Als man der Witwe diesen Befund zur Kenntnis gab, berichtet Schultka unter Berufung auf eine historische Quelle, soll sie gerührt ausgerufen haben: "Ach, wie würde er sich gefreut haben, wenn er das noch erlebt hätte".

Womit ein weiteres Mal bewiesen wäre, dass es unter Medizinern und ihren Angehörigen einen unbefangenen, allerdings sehr speziellen Humor gibt. Auch der Tochter des verstorbenen Philipp Meckel wird man solchen nachträglich attestieren müssen. Einer anderen Quelle zufolge soll sie, von einem Studenten nach dem Verbleib ihrer Brüder befragt, geantwortet haben, diese seien nicht zu sprechen, sie kochten gerade Papa.

Die Meckels haben über einen Zeitraum von 80 Jahren ein gewaltiges Arsenal an Präparaten zusammengetragen, insgesamt wenigstens 12 000 Objekte aus den Bereichen der menschlichen, der pathologischen und der vergleichenden Anatomie. Gedacht, angelegt und ausgebaut für Forschung und Lehre, unterscheidet sich das Konvolut auch mit den präparierten Abnormitäten deshalb deutlich von barocken Kuriositätenkabinetten oder den skandalumwitterten "Plastinaten" Gunter von Hagens.

Janos Stekovics, Büchernarr, Verleger und leidenschaftlicher Fotograf in einer Person, hat den Band gemeinsam mit seinem Autor Rüdiger Schultka, dem Anwalt der Sammlungen, zu einem wahren Prachtstück gestaltet.