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Martin Walker macht Appetit auf Spannung und Leckereien

03.05.2016, 12:54
Martin Walker ist ein Mix aus Krimi, Historie, französischer Lebensart und provinzieller Eigenarten gelungen. Foto: Uwe Zucci
Martin Walker ist ein Mix aus Krimi, Historie, französischer Lebensart und provinzieller Eigenarten gelungen. Foto: Uwe Zucci picture alliance

Zürich - Mit dieser Einladung geht für Bruno ein Herzenswunsch in Erfüllung. Endlich lernt er den Helden seiner Jugend persönlich kennen: Marco Desaix, genannt der Patriarch, feiert seinen 90. Geburtstag, und der Chef de Police aus dem Périgord-Städtchen Saint-Denis darf dabei sein.

Doch seine gute Stimmung wird arg gedämpft, denn noch in der Nacht kommt einer der Gäste, ein enger Freund des Patriarchen, ums Leben - vermutlich ein tragischer Unglücksfall.

Als Polizist wird Bruno in diese und andere «Eskapaden» verwickelt, wie der schottische Autor Martin Walker den achten Einsatz seines Chef de police betitelt. Und es wird wieder einmal ein sehr spannender und außerdem geschichtsträchtiger Fall. Bruno hat den Patriarchen schon immer verehrt, und das nicht nur, weil dieser als erster französischer Pilot die Schallmauer durchbrochen hatte. Der hochdekorierte Kriegsheld und Berater mehrerer Präsidenten ist auch im Ausland angesehen, seine Kontakte zur russischen Regierung und zu israelischen Politikern sind legendär.

Nun aber hat er eine Leiche im (Wein-)Keller, die für Brunos Geschmack allzu schnell eingeäschert wird. Noch bevor er mit seinen zunächst heimlichen Ermittlungen beginnt, hat er Gelegenheit, die Familie des betagten Patriarchen kennenzulernen, vorneweg seine drei Kinder und Schwiegertochter Madeleine, die anscheinend jeden Mann um den Finger wickelt - Bruno inklusive.

Eher unwillig muss er allmählich zur Kenntnis nehmen, dass hinter dem schönen Schein so manches dunkle Familiengeheimnis verborgen liegt. Ja, die umtriebige Sippe des ruhmreichen Kriegshelden hat es in sich - nicht zuletzt wegen ihres jahrhundertealten Stammbaums. Zur Familientradition gehört auch die Weinkellerei, an deren Erzeugnissen sich Bruno und halb Saint-Denis gütlich tun.

Außerdem hat der Chef de police, der gern in die Geschichte abtaucht, sich aber nur ungern mit der Gegenwartspolitik beschäftigt, ein Umweltproblem zu lösen, Frieden unter aufgebrachten Einwohnern zu stiften, persönlichen Attacken zu entkommen - und natürlich den mysteriösen Tod des Freundes von Marco Desaix aufzuklären. Was ihn nicht davon abhält, sich die nötige Energie bei gutem Essen zu holen.

An seiner Zubereitung lässt Martin Walker - wie gehabt - auch den Leser teilhaben, dem bei Pâtés, Confit mit Trüffeln oder Médaillons de chevreuil vermutlich das Wasser im Mund zusammenläuft. Walkers neues Buch macht Appetit: Nicht nur auf die kulinarischen Kostbarkeiten des Périgord, sondern auf weitere Geschichten rund um Bruno und seine Freunde.

Der Mix aus Krimi, Historie, französischer Lebensart und provinzieller Eigenart hat einen besonderen Charme, den der Schotte, der eigentlich Franzose ehrenhalber werden müsste, wunderbar eingefangen und wiedergegeben hat. Denn seine Kenntnisse von Land und Leuten, ihren Eigen- und Gewohnheiten, ihrer Natur, Geschichte und Kultur sind ebenso fundiert wie seine Zuneigung zu ihnen tief ist. Und eben aus diesem Grund verbringt der Schriftsteller mit seiner Familie einen Großteil des Jahres genau dort, wo er sich ein bisschen wie Gott in Frankreich fühlen kann: im Périgord. (dpa)