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Mario Adorf wird 80 Mario Adorf wird 80: Publikumsliebling auch als Bösewicht

07.09.2010, 14:57
Mario Adorf (FOTO: DPA)
Mario Adorf (FOTO: DPA) dpa

München/ddp. - Zu seinem 80. am Mittwoch(8. September) schenkt Adorf seinem Publikum einen großenTV-Zweiteiler. Als Marzipanfabrikant Konrad Hansen ist er in «Derletzte Patriarch» zwei Tage nach seinem Geburtstag im Ersten zusehen - und das drei Stunden lang (10. September, ab 20.15 Uhr). Erspielt einen, wie er sagt, «charmanten Kotzbrocken», dessenFamilienunternehmen durch eine Expansion nach China ins Wankengerät.

Egal ob als intriganter Fiesling oder witziger Charmeur: Adorfzählt zu den beliebtesten deutschen Schauspielern. In mehr als 150Filmen wirkte er mit. Sein schwarzes Haar ist mit den Jahren weißgeworden. Ansonsten sieht man ihm sein Alter keineswegs an: «MeinArzt sagt: Wenn man Sie ertrunken und ohne Papiere aus dem Wasserfischt, gehen Sie als 65-Jähriger durch», scherzte er gerade in der«Bunten».

In seiner Karriere, die vor mehr als einem halben Jahrhundertbegann, hat Adorf die Zuschauer in unterschiedlichsten Rollengefesselt. Vom Mörder, Western-Schurken oder Mafioso bis hin zumprovinziellen Geschäftsmann, tragik-komischen Restaurantbesitzeroder - wie in seinem nächsten Kinofilm - als Bierbudenbetreiberunter St.-Pauli-Fans ist alles dabei.

Anfangs waren es eher die Bösewichte, die Adorf verkörperte. Auchseinen Durchbruch feierte er 1957 als naiv-brutaler Massenmörder imOscar-nominierten Film «Nachts, wenn der Teufel kam». Für die Rollewurde er mit seinem ersten Bundesfilmpreis ausgezeichnet. DieWinnetou-Fans hatte er ein Paar Jahre später gegen sich, als er imersten Teil der Karl-May-Verfilmungen (1963) als Schurke Santer dieSchwester von Winnetou, Nscho-tschi, tötete.

Nach dieser Ganoven-Rolle habe man ihn «immer wieder in dieseSchublade» stecken wollen. «Das hatte mit meinem Aussehen zu tun,schwarze Haare, dunkler Bart», sagte Adorf vor wenigen Tagen der«Welt am Sonntag». Das hat sich mit der Zeit gewandelt: «Mitzunehmendem Alter sind meine Haare weiß geworden. Das wirktehrfurchtsvoll und respektheischend.»

Als Sohn eines italienischen Chirurgen und einer elsässischenRöntgenassistentin kam Adorf am 8. September 1930 in Zürich zurWelt. Seinen Vater traf er nur einmal in seinem Leben. Mit seinerMutter, die als Näherin den Lebensunterhalt verdiente, wuchs er imEifelstädtchen Mayen auf. Seinen Erinnerungsband «Mit einer Nadelbloß» widmete er ihr 2005.

Adorf studierte ab 1950 zunächst Philosophie undTheaterwissenschaften. Die Johannes-Gutenberg-Universität in Mainzhat ihrem früheren Studenten gerade für seine Lebensleistung dieEhrendoktorwürde zugedacht. An der Mainzer Uni hatte er auch ersteErfahrungen an der Studentenbühne gesammelt.

Seine Schauspielausbildung absolvierte Adorf dann von 1953 bis1955 an der renommierten Münchner Otto-Falckenberg-Schule.Anschließend gehörte er dem Ensemble der Münchner Kammerspiele an.Mitte der 60er Jahre machte er Rom zu einem neuen Zuhause und bewiessich im italienischen und französischen Film. Vier Sprachen sprichter fließend.

Ende der 70er Jahre kam er zum «Neuen deutschen Film». Er spieltein Schlöndorffs «Blechtrommel», in «Die verlorene Ehre der KatharinaBlum» und in Rainer Werner Fassbinders «Lola». Zu den Regie-Größen,mit denen Adorf in seiner Karriere drehte, zählten unter anderenauch Claude Chabrol («Stille Tage in Clichy»), Billy Wilder(«Fedora») und Sam Peckinpah («Sierra Charriba»).

Andere Hollywood-Angebote etwa in Peckinpahs Westernklassiker«The Wild Bunch» oder auch Francis Ford Coppolas «Der Pate» sagteAdorf ab, weil ihm die Rollen nicht gefielen. «Sam Peckinpah wolltemich wieder als Mexikaner besetzen, aber ich hatte keine Lust, derMexikaner vom Dienst zu werden», erklärte Adorf in der Zeitschrift«Gala». Auch der Konkurrenzdruck in Hollywood sagte ihm nicht zu.

Sein wunderbares komisches Talent bewies Adorf 1986 in HelmutDietls Serie «Kir Royal» - als provinzieller KlebstofffabrikantHaffenloher, der unbedingt in die Zeitung kommen will. DessenDrohung: «Isch scheiß Disch so was von zu mit meinem Geld» an denKlatschreporter Baby Schimmerlos hat längst Kultstatus. Auch inDietls Kinofilm «Rossini» begeisterte Adorf 1997 als Inhaber desgleichnamigen italienischen Schicki-Micki-Restaurants.

Als weiterer Meilenstein in seiner Karriere gilt seine Hauptrollein dem Fernseh-Vierteiler «Der große Bellheim» (1992) von RegisseurDieter Wedel, mit dem er auch die Serien «Der Schattenmann» und «DieAffäre Semmeling» drehte. Von Leinwand und Bildschirm kehrte Adorfzwischendurch immer wieder zur Bühne zurück. Auch alsSchriftsteller, als Entertainer und Chansonnier mit eigenenProgrammen feierte er große Erfolge.

Auf die Frage, ob er sich als «Sexsymbol» sehe, parierte Adorf inder «Bunten» charmant: «Das 'S' können Sie weglassen». Seit 1985 ister mit der Französin Monique Faye verheiratet. Aus erster Ehe mitLis Verhoeven hat er eine Tochter. Zu seinem Geburtstag wünschte ersich ein «einfaches Fest« mit Freunden, «weit weg vom Starrummel».«Es entspricht einfach nicht meinem Charakter, mich hinzusetzen undfeiern zu lassen», erklärte Adorf, der in Frankreich und Münchenlebt, sein Grauen vor großen Galas.

Auf weitere Filme mit ihm können sich seine Fans aber freuen:«Solange die Angebote kommen, werde ich nicht aufhören», versprachder vielfach ausgezeichnete Künstler. "Da haben wir Schauspieler jadas Glück, dass wir keine behördliche Altersgrenze haben.» Die Zahl80 sehe er ähnlich wie einen Kilometerstein an der Straße. "Derzeigt mir an, dass es nicht mehr weit ist, (...) aber dass man immernoch auf dem Weg ist."