Marilyn Manson Marilyn Manson: Provozierende Kunst für mehr Demokratie

Berlin/dpa. - Gruselig sieht er aus, mit der milchigen Kontaktlinse im Auge, den rabenschwarzen Haaren und der bleich geschminkten Haut. Doch bei Marilyn Manson (34), Punkrocker und Amerikas Elternschreck Nummer eins, täuscht die Fassade. In Michael Moores oscargekrönter Anti-Waffen-Dokumentation «Bowling For Columbine» überrascht er mit nachdenklichen Tönen. Niemand habe den jugendlichen Amokschützen von Littleton zugehört, sagt Manson darin schlicht. Damit wehrt er sich gegen jene konservativen Stimmen, die seine brachiale Musik für das Blutbad von 1999 im US-Bundesstaat Colorado mitverantwortlich gemacht haben.
Bei der Vorstellung von Mansons neuem Album «The Golden Age Of Grotesque», das am 12. Mai erscheint, gab es dann wieder Neues vom Schockrocker: Er sieht sich als Amerikaner und als Patriot, wenn auch nicht so, wie es George W. Bush wohl gern hätte. «Ich habe nie einen Präsidenten oder die Regierung unterstützt», erzählt er den Journalisten in Berlin. Aber seine provozierende Kunst sorge dafür, dass Demokratie «funktioniert», meint Manson. «Es gibt viel Zensur in den USA.»
Bei seinen Auftritten experimentiert er mit Pornografie und anderen Schockeffekten. Seinen Namen lieh sich der Amerikaner, bürgerlich Brian Warner, von Hollywoodstar Marilyn Monroe und dem Mörder Charles Manson, beides «Ikonen» aus seiner Jugend. Das schaurige Coverfoto des neuen Albums zeigt ihn mit Micky-Maus-Ohren und Stahlzähnen. Die Musik ist - wie gewohnt - auf brutale Art melodisch und bei Konzerten vermutlich geeignet, einen ausgewachsenen Hörschaden hervorzurufen. Ein Textauszug: «Rebel rebel party party sex sex sex and don't forget the "violence"».
Die Provokation ist gewollt. Manson will seine Fans in den «Jahrmarkt der Gedanken» entführen, sie verstören und immer wieder auf Zensur und die Grenzen der Kunst aufmerksam machen. Bei «The Golden Age Of Grotesque» hat er sich von der Endzeitstimmung des Berlins der 20er und 30er Jahre inspirieren lassen und vergleicht seine Musik mit den als «entartet» verunglimpften Künstlern von früher.
Aber so sehr ihn die Boheme des alten Kontinents auch fasziniert: Manson kann sich nicht vorstellen, aus Amerika wegzuziehen, er braucht sein Land als Gegenpol. «Ich glaube nicht, dass ich genauso kreativ sein könnte, wenn ich in Europa lebte», sagt er in wohl gewählten Worten. Europa habe ihm nicht so viel Widerstand entgegenzusetzen wie seine Heimat.
Und so wohnt Manson, der mit Dita von Teese (einer schillernden Erscheinung mit der Berufsbezeichnung «Model») liiert ist, weiter in Amerika. Demnächst ist er wieder auf Tour. Für die Zensoren schon mal eine Vorwarnung: Für die Bühnenshow sind «Tiere und seltsame Frauen» angekündigt.