Malerin Sibylle Prange Malerin Sibylle Prange: Die Stille nach der Sprachlosigkeit
JENA/MZ. - Immer scheint der Defekt, das Dissonante anwesend zu sein - und sei es in der Abwesenheit von Harmonie. Und in der unausgesprochenen Sehnsucht nach ihr.
"Stilles Land" heißt die Schau in der Jenaer Villa Rosenthal, die überwiegend großformatige Gemälde von Sibylle Prange präsentiert. Bilder, vor denen man nicht gefällig plaudernd mit dem Weinglas steht, sie mischen sich direkt ein - obwohl es doch auf den ersten Blick tatsächlich ein stilles Land ist, das die Malerin wie einen Kosmos des Herzens entwirft. Also wird man die Irritation auflösen wollen, sich ein zweites, vielleicht ein drittes Mal der spröden, schwer wägbaren Befunde versichern. Dabei gibt es natürlich feste Bezugspunkte in Sibylle Pranges Malerei: Seestücke verweisen auf die Nähe zu Küste und Meer, hier stehen sich kraftvolle und ruhige Momente spannungsvoll gegenüber. Souverän entwirft die Künstlerin ihre Landschaften, hat den Mut und das Vermögen, auch aus der scheinbaren Leere noch Aufregendes zu komponieren.
Zurückhaltend, niemals auftrumpfend sind diese Gemälde, erst allmählich treten sie aus sich heraus - soviel Mühe muss man sich machen mit ihnen. "Nach den Heuschrecken" heißt eines der eindringlichsten: Eine zerzauste Zeile Wald ragt auf, kaum noch belaubt, Stümpfe stehen dazwischen. Und, fast verborgen, eine schemenhafte Gruppe von Menschen. Offenbar ist hier eine Katastrophe geschehen, der Titel weist eine Richtung, das Bild selbst aber ist eben kein Plakat irgendeiner mahnenden Botschaft, es lebt vom Malerischen, das dem Sujet vertraut, den Farben, der diffusen Helligkeit. Als ob gleich ein Sturm kommen müsste, der auch das wenige Verbliebene noch hinwegreißen könnte. Oder aber: Alles verharrte in Bewegungslosigkeit. Für eine lange Zeit, auf die man sich einstellen muss.
Ganz ähnlich, vielleicht noch beängstigender wirkt "Vor dem Tal". Eine Frau und ein Mann, wahrscheinlich ein Paar, stehen voneinander abgewandt in einer kühlen, irgendwie unwirtlichen Landschaft. Dabei gibt es einen Gebirgszug im Hintergrund, der ein Rückzugsort sein könnte. Eine Straße ist nah, ein Weg, um fortzukommen. Aber wohin und wozu, da es hier, an diesem Platz, keine Lösung zu geben scheint? Dann gibt es sie wohl nirgendwo. Einsamkeit und Sehnsucht zugleich signalisiert dieses Bild. Und einen Schmerz, der auf die Ernüchterung folgt. Die Stille nach der Sprachlosigkeit.
Es sind großartige, traurige Bilder, die Sibylle Prange zeigt. Und sie üben zugleich eine faszinierende Anziehungskraft aus. Kraft, die sich überträgt und Wärme gibt.
Ausstellung in der Villa Rosenthal bis zum 3. Dezember, montags bis freitags von 13 bis 17 Uhr.