Macher von "Die durch die Hölle gehen" Macher von "Die durch die Hölle gehen": Regisseur Michael Cimino gestorben

Köln - Mit seinem epischen Western „Heaven's Gate“ hat er ein Studio ruiniert, noch dazu eines, das einst Charlie Chaplin gegründet hatte – die ehrwürdige Firma United Artists. Er hat dafür gesorgt, dass niemand mehr Männer mit Pferden und Hüten vor die Kamera stellen wollte, obwohl dies genau das war, was sein Vorbild John Ford zu den dankbarsten Motiven erklärt hatte. Doch obwohl Michael Cimino nach „Heaven's Gate“ – 1980 gedreht – das Gespött vieler Kritiker war, in den Hügeln über Los Angeles als Unperson galt und den Film schmachvoll aus dem Kino zurückgezogen hatte, wollte er nicht aufhören, von einem besseren Hollywood zu träumen. Es war ein Traum von den 30er Jahren, von den großen Studios und den legendären Bossen, die ihre Regisseure fest angestellt hatten.
Michael Cimino hat in seiner ganzen Karriere ganze sieben Filme als Regisseur gedreht, doch mit diesem Oeuvre hat er Kinogeschichte geschrieben. Selten hat ein Regisseur so sehr polarisiert wie der 1939 in New York geborene Mann, den die Anstrengung seiner Unbeugsamkeit auch körperlich gezeichnet hat: In seiner besten Zeit in den 70er Jahren war Cimino ein energiegeladener, robuster Kerl – zuletzt, als er in Paris nur noch Romane schrieb ein fragiler, schmächtiger Hänfling.
Als Faschist und Sozialist verunglimpft
In seinem Abgesang auf den Vietnam-Krieg „Die durch die Hölle gehen“ („The Deer Hunter“) ließ er Robert de Niro und Christopher Walken in einer unvergesslichen Szene russisches Roulette spielen – dies empfand eine sowjetische Delegation auf der Berlinale als Beleidigung des vietnamesischen Volkes. Man reiste ab, nicht ohne den Regisseur als Faschisten zu beschimpfen.
Als Sozialist wurde er hingegen verunglimpft, als „Heaven's Gate“ in die Kinos kam, diese provozierend ausgedehnte Filmoper, der das 19. und beginnende 20. Jahrhundert des amerikanischen Westens keinen Heldengesang wert war. Rinderbarone beuten das Land und die armen Teufel aus, die aus Europa ins Land ihrer Hoffnung kommen. Ein Ritt durch die Hölle waren wohl auch die Dreharbeiten: Cimino fand kein Ende, er überzog den Etat von 20 Millionen Dollar, bis er schließlich beim Doppelten war – für „The Deer Hunter“ hatte er fünf Oscars gewonnen, deshalb gewährte das Studio dem Genie Narrenfreiheit. Als Narr stand er dann wirklich da.
Große künstlerische Kraft
Wie strahlend hatte seine Regielaufbahn begonnen, als er keinen Geringeren als Clint Eastwood davon überzeugen konnte, dass er sein Drehbuch zu „Die Letzten beißen die Hunde“ selbst inszenieren müsse. „Wenn mir nicht gefällt, was du machst, gehst du nach Hause“, hatte Eastwood, damals der größte Star des amerikanischen Kinos, anfangs noch geknurrt. Cimino blieb bis zur letzten Klappe sein Regisseur und erklärte Dirty Harry gemeinsam mit Burt Lancaster zum Held seines Lebens. Er, der nun selbst ein Star war, blieb Eastwood tatsächlich bis zuletzt dankbar.
Nach „Heaven's Gate“ drehte er noch eine Handvoll Filme, darunter weitere Juwelen wie „Der Sizilianer“. 2012 wurde das Tor zum Himmel auf dem Festival von Venedig erneut aufgestoßen, „Heaven's Gate“ kam auf die Leinwand, und wer wollte, konnte sehen, welch künstlerische Kraft in Ciminos vermeintlichem Größenwahn steckte. Im Alter von 77 Jahren ist dieser große Einzelgänger gestorben.