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"Lulu" an der Oper Halle "Lulu" an der Oper Halle: Schreckliches Ende einer verführerischen Frau

Von joachim lange 06.12.2015, 18:02
Szene mit Paloma Figueroa (Lulu), Hector Ferrer Fernandez (Rodrigo, Artist)
Szene mit Paloma Figueroa (Lulu), Hector Ferrer Fernandez (Rodrigo, Artist) Paul Leclaire Lizenz

halle/MZ - So ohne weiteres käme man nicht nicht auf die Idee, vor Weihnachten ausgerechnet eine vertanzte „Lulu“ herauszubringen. Doch es lohnt sich, denn mit seiner jüngsten Premiere widmet sich das Ballett Rossa (nach der opulent klassischen „Anna Karenina“) erneut einer Arbeit des 2012 verstorbenen Choreographen Jochen Ulrich. Diesmal gefördert durch den Tanzfonds Erbe, der sich dem Erhalt von besonders gelungenen Beispielen dieser flüchtigen, bedrohten Kunst widmet.

Vorlage für Alban Berg

Frank Wedekinds Doppeltragödie „Erdgeist“ und „Die Büchse der Pandora“ ist vor allem als Vorlage für Alban Bergs „Lulu“ der Nachwelt lebendig geblieben. Für die Ballett-Version, die Ulrich 1990 in Köln herausbrachte, hat Dietlind Rank das Libretto und Nino Rota die Musik gemacht. Aus „Der Leopard“, „8 1/2“, über „Rocco und seine Brüder“ und „Der weiße Scheich“ bis „La strada“ hat Hilary Griffiths diverse Soundtracks arrangiert, die von Svetlana Slyvia und Thiago Fayad als echte und beinahe echte Chanteuse attraktiv ergänzt werden.

Von einem Podest im Bühnenhintergrund wird die Musik von der Staatskapelle unter Hilary Griffiths mit jeder Menge Varieté- und Big-Band Ehrgeiz live beigesteuert. Was die Fallhöhe dieser „Lulu“ noch mehr verschärft, anders bei Berg, der von Anfang an das Ende mitbeschwört.

Hier geht es ziemlich deftig und lebendig los, wenn Lulu zunächst mal wie ein Vamp innerhalb und außerhalb fester Kurzzeit-Beziehungen alle Männer (und als Frauen liebende Frau, auch die Gräfin Geschwitz) ohne Skrupel verrückt macht, in den Selbstmord treibt wie den Maler (Johan Plaitano), oder selbst erschießt wie den Dr. Schön (Michael Sedlácek).

Bis sie dann nach ihrer Flucht in der Londoner Absteige vom gespenstisch gnomenhaften Schigolch (Dalier Burchanow lässt sich grandios auf das Böse ein) brutal auf den Strich geschickt und schließlich von Jack the Ripper auf offener Bühne abgestochen wird.

Entsetzen über die Menschen

Da ist dann auch die Musik tieftraurig. Weniger aus Mitleid, mehr aus Entsetzen über die menschliche Natur, die uns, wie vom Tierbändiger (Frank Schilcher spricht und tanzt das fabelhaft) versprochen, gezeigt wurde.

Auf und vor der mobilen Treppe bleibt das bis zu 30-köpfige Ensemble immer auf dem Pfad seiner Botschaft und liefert vor allem in den Salonszenen mehr opulent wucherndes Tanztheater als filigranes Ballett.

Erzählt wird so die Geschichte einer Frau, die ziemlich verführerisch, aber nicht unbedingt sympathisch ist.

Beim Umgang mit den Avancen der eleganten Geschwitz (Denise Dumröse) entpuppt sie sich vollends als weiblicher Macho. Paloma Figueroa hat genügend Charisma, den Spagat von da bis zum Opfer der Männerwelt souverän zu bewältigen. So wie durchweg alle Protagonisten haben auch die Gäste in Alwas Theater und im Salon ihren frivol effektvollen Auftritt, bevor Jack the Ripper zuschlägt. Es muss also nicht immer der Nussknacker sein, aber auch den gibt’s ab 11. Dezember wieder. Doch jetzt erstmal: Viel Jubel für diese neue (alte) „Lulu“.

Nächste Vorstellungen am 30. Dezember und am 15. Januar. Informationen im Internet: www.buehnen-halle.de (mz)