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Lukas Langhoff Lukas Langhoff: Das Spiel des Spekulanten

Von Andreas Hillger 04.11.2003, 18:21

Magdeburg/MZ. - Das Spiel mit dem virtuellen Plus und Minus gehört zu jenen Ideen, mit denen Lukas Langhoff und der erfahrene Seifenopern-Autor Michael Wolf ihr ungewöhnliches Bühnen-Format dem Zufall öffnen. In der ersten Folge der Serie, die ihren Namen einem Titel der Band Fehlfarben verdankt, durfte das Publikum Anfang Oktober über die Investition abstimmen. Nun liegen drei Varianten der Fortsetzung bereit, die direkt auf Gewinn, Verlust oder Stagnation reagieren.

Aber ist das noch Theater, wenn die Darsteller ihre Rollen erst beim Auftritt erfahren und den Text vom Monitor ablesen müssen? Wenn Zuschauer per Knopfdruck Erotik, Emotionen oder Tiefgang verstärken und die Situationen im Zeitraffer zurückgespult werden? Ja, sagt Lukas Langhoff. Denn erst indem das Theater Wirklichkeit zulässt, kann es wieder wesentlich werden. Und dazu gehört der ironisch-subversive Umgang mit den Mitteln des Fernsehens ebenso wie der Dialog-Versuch mit dem Publikum.

Es ist der Blick eines Seiteneinsteigers, dem eigentlich eine schnurgerade Bühnen-Laufbahn vorgezeichnet schien. Als Enkel von Wolfgang Langhoff ("Die Moorsoldaten") und Sohn von Thomas Langhoff geboren, entschied sich der Berliner jedoch zunächst gegen das Berufsziel des Regisseurs und Intendanten in dritter Generation. Dass er nach einer Tischlerlehre und einem Tontechniker-Studium schließlich doch noch am Deutschen Theater Berlin landete, das damals von seinem Vater geleitet wurde, verdankte er der Wende und Manfred Karge. Der einstige Arbeitspartner seines ebenfalls als Regisseur erfolgreichen Onkels Matthias Langhoff lud ihn 1992 als Hospitant für seine Inszenierung "Die Eroberung des Südpols" ein - und vermittelte ihm den Kontakt zu Frank Castorf, der einen Assistenten für die Volksbühne suchte.

Wenn Lukas Langhoff heute von diesen Jahren erzählt, in denen er mit Künstlern wie Johann Kresnik oder Christoph Schlingensief arbeitete, wirkt neben dem Bekenntnis zum "Rausch der unreflektierten Arbeit" vor allem sein kollegialer Respekt und seine Ehrlichkeit entwaffnend. In einer Branche, die gerade den Träger eines großen Namens argwöhnisch beobachtet ("Aber der Sohn des Hausmeisters hat in der Schule auch kaum Freunde."), bekennt er sich neidlos zu Vorbildern und eigenen Fehlern.

Diese Offenheit sowie der spitzbübische Charme, mit dem er als Soap-Spielleiter etwa die T-Shirt-Aufschrift "Talentfrei" präsentiert, machen ihn zum Komplizen seiner Darsteller. Und sie erlauben es ihm, außergewöhnliche Forderungen zu stellen. So decken die Mitwirkenden in der Seifenoper, die nach Partisanen-Manier zur Spätvorstellung in den Kulissen der vorangegangenen Inszenierung auftauchen, mit ihrem Handwerk stets auch eigene Hemmungen auf - im Vertrauen, dass Langhoff diese Offenheit nicht missbrauchen wird.

Dass "Erfolg ohne Proben im Theater verdächtig" ist, weiß ihr Anstifter zwar. Doch da der Theaterbetrieb längst selbst knietief im Dispo, also im roten Bereich seiner verfügbaren Mittel, gelandet ist, braucht er solche Innovationen. Und Anlageberater wie Langhoff, die aus Mangel Luxus machen.

"Knietief im Dispo, Folge Zwei": 8. und 22. November, jeweils 22.30 Uhr