Ludovico Enaudi Ludovico Enaudi: Seine Musik ist Toscana und Piemont in Tönen
Halle (Saale)/MZ. - Lange ausverkauft wardas Opernhaus Halle, die Autonummernschilderdavor am bewusstenSonntagabend dann signalisiertenausführliche Anfahrtswege.Drinnen im Foyer istder Altersdurchschnitt deutlichniedriger als üblich bei einem vermeintlichenKlassikkonzert. Damitwar die erste Frage beantwortet:Was sind das nur für Leute, die immerzu Einaudi rennen?
Drinnen dann dominiert die FarbeSchwarz, als der italienischePianist und Komponist sein Nachtbuchaufschlägt. Das Licht ist extremgedimmt. Es ist mucksmäuschenstill.Jeder Fotograf ist einFeind, jeder Huster ein Terrorist.Uneitel, ohne alle Posen und leichtabgewandt von seinem Publikumbeginnt der Mann des Jahrgangs1955 sein Tasten in den Tasten, dasihn zuverlässig gleichermaßen indie Klassik- wie in die Popchartsgehoben hat.
Ludovico Einaudi ist ein Mannaus gutem Hause. Sein GroßvaterLuigi war acht Jahre lang ItaliensStaatspräsident, dessen Sohn Giulio,Ludovicos Vater, gründete 1933das Verlagshaus Einaudi, für dasNamen wie Natalia Ginzburg, CesarePavese oder Italo Calvino stehen.Bilder von Popart-Künstlern hingenan den Wänden der elterlichenWohnung. Ein Sohn mit solcherartmusischer wie politischer Sozialisationim Rücken lernt Klavier undzwar bei den Besten. In seinem Fallhießen die Luciano Berio und KarlheinzStockhausen. Von ihrerAvantgarde sprang er ab, um spätestensab der Mitte der 90er-Jahrean der weniger aufgeregten Peripherieseiner Soloexkurse als Pianoflüstererzu landen.
Angelehnt an Solopianisten wieden Franzosen Didier Squiban, denNorweger Ketil Bjørnstad oder denJapaner Ryuichi Sakamoto, stetsdie erfolgreich trivialisierte MinimalMusic eines Michael Nymanvor dem inneren Auge, schwenkteer ein in das Gewerbe seiner Kunst.Enaudis suggestive Musik istschön ohne Wenn und Aber.Auch in seinem zweistündigenKonzert in Halle gab er den harmoniesüchtigenPathosritter, den überGraustufen Meditierenden, den repetetivenMelodienfädler, der wundervolleThemen weit ausreizenkann, ohne in seiner konsequenten Kontemplation je das Publikumüberfordern zu wollen. Der Klangist brillant, die Schlichtheit desMaterials wächst sich aus zumstimmig stimmungsvollen Großangriffauf die Seelen der Hörer, diein Verzückungsstarre folgen. Einaudizaubert Atmosphären, die erin großen Bögen ausschreitet undin richtig gute melancholische Liederohne Worte gießt. Seine Musikist Toscana und Piemont in Tönen,ist eine emotionsprall kalkulierteEndlosschleife. Der Beifall hinterherist ein stehender Jubel.