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London London: Dalis Lippensofa neben Hummertelefon

Von Sabine Glaubitz 29.03.2007, 09:43
Das von dem Künstler Salvador Dali 1938 kreierte Sofa mit dem Titel "Mae West Lips" gehört zur Ausstellung "Surrealistische Dinge. Surrealismus und dekorative Künste", die im Londoner Victoria und Albert Museum bis zum 22. Juli, anschließend in Rotterdam und Bilbao zu sehen sein wird. (Foto: dpa)
Das von dem Künstler Salvador Dali 1938 kreierte Sofa mit dem Titel "Mae West Lips" gehört zur Ausstellung "Surrealistische Dinge. Surrealismus und dekorative Künste", die im Londoner Victoria und Albert Museum bis zum 22. Juli, anschließend in Rotterdam und Bilbao zu sehen sein wird. (Foto: dpa) dpa

London/dpa. - Eigentlich war der Surrealismus mit seinem alles inFrage stellenden Blick auf den Kapitalismus, die Konsumgesellschaftund die westliche Kunst eine der rebellischsten Kunstströmungen derModerne. Sein Einfluss auf Mode, Mobiliar, Werbung, Juwelierkunstsowie Architektur machte ihn jedoch «salonfähig» und zu einemluxuriösen Lifestyle. Das sinnliche Lippensofa von Dalí oder dasausgefallene Käfigbett von Max Ernst schmückten die noblen Wohnungender High-Society. Unter dem Titel «Surrealistische Dinge.Surrealismus und dekorative Künste» präsentiert das Londoner Victoriaund Albert Museum seit Donnerstag eine einzigartige Ausstellung, dieerstmals den Schwerpunkt auf einen Surrealismus setzt, der durchseine Kommerzialisierung weit über die Schönen Künste hinausreicht.

Die rund 300 exotischen und fantasievollen Exponate - nebenMobiliar und Schmuck auch zahlreiche Gemälde - sind bis zum 22. Juliin London zu sehen, danach in Rotterdam und anschließend imGuggenheim-Museum in Bilbao.

Die Ausstellung hält viele Überraschungseffekte bereit. Soentdeckt man, dass der amerikanische Bildhauer Alexander Calder nebenfiligranen Metallplastiken auch elegante Halsketten entwarf und derdeutsch-amerikanische Maler Max Ernst nicht nur auf demVerfremdungseffekt basierende Collagen und Ölgemälde schuf, sondernauch Bronzeschmuck. Und wer bisher Giorgio de Chirico als Maler derbekannten Pittura metafisica kannte, Stadtansichten in traumähnlicherAufmachung, entdeckt in der Ausstellung seine Talente alsSchmuckdesigner.

«Auch wir entdeckten viele neue Aspekte und Kunstobjekte währendder Vorbereitung der Ausstellung», sagte der deutsche Co-KuratorAlexander Klar. Mehr als drei Jahre waren für die Organisationnotwendig. Da dieser Aspekt der Surrealisten erstmals vorgestelltwird, musste intensive Archivarbeit geleistet werden. Anhand vonFotografien sind die Kuratoren auf den mit bordeauxrotem Samtausgelegten Schubkarren des spanischen Malers Oscar Dominguezgestoßen, dessen fantastische Fels-, Grotten- undDschungellandschaften weltweit bekannt sind. Der Holzschubkarrendiente dem avantgardistischen Fotografen Man Ray als Accessoire fürModebilder.

Die Präsentation ist ebenso fantasievoll wie die Werke derSurrealisten selbst, deren Inspirationsquellen der Traum und dasUnterbewusstsein waren. Die Ausstellung lässt den Besucher durcheinen schweren roten Veloursvorhang schreiten, hinter dem sich dasvon de Chirico entworfene traumhafte Bühnenbild zu dem Ballett «DerBall» befindet oder die von Joan Miró und Max Ernst entworfenenkindhaften und obskuren Kostüme und Kulissen.

Typisch für die von den Surrealisten ausgestatteten Interieurssind die Wandmalereien von Max Ernst, mir denen der Künstler dieFlure und Stockwerke des Hauses des Dichters Paul Eluard schmückte.Das Wandbild, auf dem durch eine Steinmauer eine schlanke Frauenhandragt, zierte das Schafzimmer von Paul und Gala, der späteren FrauDalís. Das riesige Wandbild wurde in einem aufwendigen Verfahren vonden Wänden abgelöst und befindet sich im Besitz der KunstsammlungNordrhein-Westfalen.

Die umfassende Ausstellung endet mit den wundersamen Kunstwerkenaus Stoff, Imagination und Inspiration einer der bekanntestenModeschöpferinnen Frankreichs, Elsa Schiaparelli. Die französisch-italienische Designerin war Freundin der Dadaisten und Surrealistenund mit ihren närrischen Mode-Motiven wie Clowns, Elefanten undPferde ein Paradiesvogel unter den Pariser Couturiers. Das «ShockingPink» wurde zu einem ihrer Markenzeichen - und zu dem der originellenLondoner Exposition.