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Literatur Literatur: Martin Mosebach mit Büchner-Preis ausgezeichnet

27.10.2007, 13:55
Der deutsche Schriftsteller Martin Mosebach (l.) bekommt während der Verleihung des Georg-Büchner-Preises 2007 im Staatstheater in Darmstadt seine Urkunde von dem Präsidenten der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Klaus Reichert, überreicht. (Foto: dpa)
Der deutsche Schriftsteller Martin Mosebach (l.) bekommt während der Verleihung des Georg-Büchner-Preises 2007 im Staatstheater in Darmstadt seine Urkunde von dem Präsidenten der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Klaus Reichert, überreicht. (Foto: dpa) dpa

Darmstadt/dpa. - Der Frankfurter Schriftsteller Martin Mosebachhat am Samstag in Darmstadt den mit 40 000 Euro dotierten Georg-Büchner-Preis erhalten. Die Deutsche Akademie für Sprache undDichtung würdigte Mosebach («Der Mond und das Mädchen») als einen«Erzähler von weltweitem Horizont, der die klassischen und diemodernen Traditionen des Romans zu einer kraftvollen neuen Synthesegeführt hat». Er sei einer «der humorvollsten und hintergründigstenMenschendarsteller unserer jüngeren Literatur» und einer «ihrerglanzvollsten Stilisten».

Der Georg-Büchner-Preis gilt als bedeutendste deutscheLiteraturauszeichnung. Mit ihr ehrt die Akademie deutschsprachigeSchriftsteller, die «an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschenKulturlebens wesentlichen Anteil haben».

Mosebach (56) hat Romane, Dramen, Gedichte, Hörspiele, Reportagen,Drehbücher und Essays veröffentlicht. Sein Werk wurde bereitsmehrfach ausgezeichnet. 2002 erhielt er den Kleist-Preis und 2006 denGroßen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) sagte, Mosebach gehöreohne Zweifel mit seinem vielfältigen Erzählwerk in die erste Liga dergroßen deutschen Erzähler. «Er hat in seinen Büchern die Fülle undDifferenzierungsmöglichkeiten unserer Sprache - bis hin zu aus derMode gekommenen Wörtern und Wendungen - mit Meisterschaft gepflegtund zu großem künstlerischen Ausdruck gebracht.»

Neumann verteidigte Mosebach gegen Kritiker, die den Autoren als«unzeitgemäß» angriffen und ihm «Traditionalismus» und «ornamentaleSprachantiquitäten» vorwarfen: «Wenn die Literatur der Rückzugsortfür den Reichtum der Ausdrucksmöglichkeiten unserer Sprache ist, undsei es als Gegenwelt zur sogenannten tagtäglichen Sprachschändung,dann bin ich selbst gerne ein konservativer Traditionalist. Ichgratuliere der Akademie für Sprache und Dichtung zu ihrerdiesjährigen Entscheidung.»

Der deutsch-iranische Schriftsteller und Publizist Navid Kermanisagte in seiner Laudatio, Mosebachs Blick sei zwar rückwärtsgewandt.Doch schilderten seine Romane das Vergängliche, um es gegen dasBestehende zu wenden und dessen Anmaßung anzufechten, es sei vonDauer: «In der literarischen Welt Martin Mosebachs ist das Leben perse Verfall, ohne dass menschliche Verhältnisse jemals besser gewesenwären.» Mosebachs Sätze seien wohlgeformt, die Grammatik stetskorrekt, der Rhythmus von gleichmäßiger Beschwingtheit und dieErzählung streng chronologisch.

Mosebach ging in seiner Rede nicht auf seinen Schreibstil ein unddankte lediglich der Jury der Akademie, die ihm mit dem Preis Mutgemacht habe. Wie bei Dankesreden zum Georg-Büchner-Preis durchausüblich, nutzte Mosebach die Verleihung, um über Werk und Denken desDramatikers und Revolutionärs zu sprechen.

Mosebach studierte in Frankfurt und Bonn Jura. Erstmals wurde GoloMann als Juror der Jürgen-Ponto-Stiftung auf sein Talent aufmerksam.Von Anfang an war Mosebach nach eigenem Bekunden ein Außenseiter inder Literaturszene, weil man ihn nirgends literarisch zurechnenkonnte. An Robert Musil und Thomas Mann erinnerte viele Kritikerschon sein Romandebüt «Das Bett» (1983). Der Durchbruch gelang ihmaber erst 2000 mit dem als «Bildungsroman» bezeichneten Werk «Einelange Nacht». Die Handlung spielt in Frankfurt, im Mittelpunkt stehtein durchs Examen gefallener Jurist. Als intellektuelles Vergnügenvoll erzählerischer Meisterschaft lobten die Kritiker seinen 2001erschienenen Roman «Der Nebelfürst».

Neben dem Büchner-Preis verlieh die Akademie zwei mit jeweils12 500 Euro dotierte Auszeichnungen. Den Sigmund-Freud-Preis fürwissenschaftliche Prosa erhielt der Naturwissenschaftler Josef H.Reichholf. Er sei ein «skeptischer Ökologe, der uns vor Alarmismusund Nachlässigkeit gleichermaßen warnt» und ein Schriftsteller, der«für seine Liebe zu allen Arten des Lebens eine so frische wielebhafte Sprache gefunden hat», hieß es im Urkundentext.

Der Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essayging an den Theaterkritiker Günther Rühle, der das deutsche Theaternach dem Urteil der Jury «über Jahrzehnte mit Maßstäbe setzendenKritiken, die aus Anschauung, Neugier und Kenntnis gewonnen waren,begleitet und mitgeformt hat».