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Literatur Literatur: Helgoland ehrt seinen berühmten Sohn

Von Wolfgang Runge 30.05.2006, 09:42
Das Archivfoto vom Januar 1989 zeigt den Autor James Krüss (1926-1997). (Foto: dpa)
Das Archivfoto vom Januar 1989 zeigt den Autor James Krüss (1926-1997). (Foto: dpa) dpa

Helgoland/dpa. - «Er mochte gerne viele Menschen um sich.»Doch James Jacob Hinrich Krüss ist schon seit mehr als acht Jahrentot. Deshalb muss die 77-Jährige seinen Geburtstag ohne ihren Bruderfeiern. Gemeinsam mit Familienangehörigen und seinen Weggefährtenwird sie am 31. Mai den Ehrentag von Helgolands berühmtem Sohnbegehen.

«Mein Bruder fehlt mir sehr», sagt Erni Rickmers. Sie lebt nochheute auf der Insel, die «wie ein dreieckiges Tortenstück mit rotenund weißen Schichten in der grünen Nordsee liegt», so Krüss in «DerLeuchtturm auf den Hummerklippen». James wuchs dort rund 70 Kilometervom Festland entfernt als typisches Inselkind mit Schwimmen in derNordsee und dem Fischen von Heringen und Hummern auf. Doch ganzuntypisch für ein Kind schrieb er nebenher Gedichte in sein Oktavheft(das erste Gedicht verfasste er 1931 als Fünfjähriger in HelgoländerFriesisch) und dachte sich Sketche für das Schulfest aus.

Mit 16 Jahren kehrte James Krüss seiner Heimat für immer denRücken. Er besuchte «seine» Insel nur noch in den Ferien. «Doch imHerzen war er ein Insulaner: Er liebte Helgoland», sagt SchwesterErni. So gründete er aus dem «Exil» heraus die Zeitschrift«Helgoland» als Mitteilungsblatt für die von ihrer Insel vertriebenenHelgoländer. Monat für Monat veröffentlichte er in dem MagazinKapitel der «Historie von der schönen Insel Helgoland». DieZeitschrift existierte bis 1956.

Eigentlich wollte James Krüss auf dem Festland Volksschullehrerwerden. Doch er arbeitete nach seinem Examen keinen Tag in demerlernten Beruf, sondern verdiente sein Geld als Hörspielautor,Übersetzer und Bearbeiter klassischer Theaterstücke - und alsSchlagertexter. Erich Kästner ermutigte ihn schließlich, sich einmalan einem Kinderbuch zu versuchen.

Krüss' Erstlingswerk «Der Leuchtturm auf den Hummerklippen»erschien 1956. Darin beschreibt er die Bewohner so genau, dass aufHelgoland Verwandte und Freunde reale Personen wieder erkannten -manchmal sogar sich selbst. Heute gilt Krüss als einer dererfolgreichsten deutschen Kinderbuchautoren der Nachkriegszeit. Zuseinen populärsten Büchern gehört «Timm Thaler». Die Verfilmung derGeschichte von einem Jungen, der sein Lachen verkaufte, faszinierteals Fernsehserie mit Horst Frank und Thommas Ohrner einMillionenpublikum.

Für seine Arbeit benutzte James Krüss keine Schreibmaschine. Erverfasste seine Bücher stets mit der Hand - und natürlich mit dernotwendigen «dichterischen Freiheit», sagt Erni Rickmers schmunzelnd.«Manchmal, wenn ich seine Bücher lese, denke ich: Da hast Du ja ganzschön gesponnen.» Dabei war er ein sehr ernsthafter Mensch, demVölkerverständigung und Umweltschutz am Herzen lagen, sagt SchwesterErni. Krüss wurde stets «nur» als Kinderbuchautor angesehen, dochdaneben schrieb er auch viele (unveröffentlichte) Aphorismen: «Dieliegen in München in der Nachlass-Bibliothek und warten darauf, ansLicht der Öffentlichkeit gebracht zu werden.»

Obwohl er keinen Führerschein besaß, kaufte sich Krüss 1964 seinerstes eigenes Auto. «Seine Fahrlehrer waren verzweifelt: Er hat diePrüfung nie geschafft.» 1966 zog Krüss auf die Kanareninsel GranCanaria. «Doch immer wieder besuchte er Helgoland, wo er sich dieFamilienereignisse erzählen ließ und seine Berühmtheit ablegte»,erzählt Rickmers. Sein krankes Herz zwang den Autor schon bald zumehr Ruhe. Am 2. August 1997 starb James Krüss in seiner neuen Heimatim Alter von 71 Jahren. Er wurde am 27. September vor Helgoland aufSee bestattet.

Zu seinem 80. Geburtstag will Helgoland seinen berühmten Sohnehren und ihm eine eigene Ausstellung schenken. An prominenter Stellean der Kurpromenade direkt vor dem Insel-Museum sollen zweinachgebaute Hummerbuden das neue James-Krüss-Museum beherbergen. DieBuden stehen schon jetzt. Die Einweihung sei jedoch erst im nächstenJahr zum zehnten Todestag des Dichters geplant, sagte Krüss' NichteKirsten Rickmers-Liebau.