Literatur Literatur: Eine denkwürdige Begegnung

Rudolstadt/dpa. - 221 Jahre danach wird an diesem denkwürdigen Ort an SchillersTodestag (9. Mai) ein neues Museum eröffnet. «Das Schillerhaus isteine der interessantesten Erinnerungsstätten, weil es einigermaßenauthentisch erhalten geblieben ist», sagt der Direktor desLandesmuseums Heidecksburg und Schiller-Experte, Lutz Unbehaun. ImHaus seiner späteren Schwiegermutter verbrachte der Dichter denSommer 1788 und kehrte immer wieder zur Erholung dorthin zurück.
Das Treffen mit Goethe hatte die Familie Lengefeld eingefädelt.Denn Goethes Geliebte, die Hofdame Frau von Stein, war die Patentantevon Schillers späterer Ehefrau Charlotte. Doch - soweit bekannt - wardie erste Zusammenkunft der beiden Dichter wohl eher nüchtern. «DieVorzeichen waren nicht gut und es gab zahlreiche Spannungen unter denanwesenden Personen», erzählt der Intendant des Theaters Rudolstadt,Steffen Mensching. Er hat versucht, die Unterredung im BeulwitzschenSalon zu rekonstruieren und daraus mit fünf Schauspielern eine gutzehnminütige Videoinstallation eingespielt, die künftig imSchillerhaus zu sehen sein wird. Die Spielszene wird in Tagesthemen-Manier von Tom Buhrow anmoderiert.
Dass dieses erste Treffen noch nicht zu der erhofften Annäherungvon Goethe und Schiller führte, lag wohl auch an ihren Vorbehalten:«Goethe war eben erst aus Italien zurückgekehrt und in dieser Zeitvon diesem jungen Wilden etwas in den Schatten gestellt worden»,meint Mensching. «Zudem war ihm dieses Kraftmeierische, Laute,Anarchische nicht ganz geheuer.» Schiller dagegen habe Goethe als zuglatt, kühl und arrogant empfunden. «So haben sie nach der kurzenBegegnung noch anderthalb bis zwei Jahre gebraucht, um wirkliche Nähezu finden.»
Mit dem neuen Museum will Rudolstadt, das sich als «Schillersheimliche Geliebte» vermarktet, an diese Episode erinnern und sich imSchillerjahr stärker ins Bewusstsein der Kulturtouristen rücken. Unddoch: Der Weg zu diesem Museum war lang und die Pläne dazu verliefenimmer wieder im Sand. Schon 1995 hatte die Stadt das Haus gekauft.«Das Konzept war lange unklar», erklärt Kulturdezernentin PetraRottschalk. «Ein Museum schloss sich für uns lange Zeit aus, weil wirkeine Sachen von Schiller hatten, die wir hätten ausstellen können.»
Doch über die Jahre wurde Kontakt zum Deutschen Literaturarchiv inMarbach (Baden-Württemberg) geknüpft, das nun zahlreiche Exponate alsDauerleihgaben für das Haus bereitstellt. Hinzu kommen Stücke vomLandesmuseum Heidecksburg und der Stiftung Weimarer Klassik.
Zu sehen sein werden zahlreiche Gemälde, ein Original-Schreibtischund das Reiseschreibzeug Schillers. Die Exponate werden in neunrestaurierten Räumen im Obergeschoss des Gebäudes ausgestellt. Dasneue Museum soll keinen Abriss von Schillers gesamten Leben und Werkgeben, betont Rottschalk. «Das machen schon andere Häuser.» Vielmehrkonzentriere sich die Schau auf zwei Punkte: Die erste Begegnungzwischen Goethe und Schiller sowie das Verhältnis Schillers zu seinerspäteren Frau Charlotte und deren Schwester Caroline. Im Erdgeschossgibt es einen Museumsladen und eine Gaststube; im Garten des Hausessollen in den Sommermonaten Lesungen sowie kleine Theater- undMusikveranstaltungen angeboten werden.
In die Restaurierung des Gebäudes samt Garten und die Einrichtungdes Museums wurden laut Rottschalk 1,8 Millionen Euro investiert -der Großteil stamme aus Fördermitteln. «Wenn wir im ersten Jahr etwa10 000 Besucher anlocken und uns danach bei 6000 bis 7000 einpegeln,sind wir schon zufrieden.» Doch das ist für viele Schiller-Fans inder Region wohl eher zweitrangig. Für sie ist es wichtiger, dassdieser authentische Ort endlich der Öffentlichkeit zugänglich wird.
Denn anders als etwa das Schillerhaus in Weimar war das Gebäudelange in Privatbesitz und blieb im Krieg von Zerstörungen verschont.«Wir haben jetzt den originalen Grundriss aus Schillers Zeit bis hinzu den Türblättern mit Rocaille-Bemalung. So hat es Schillergesehen», schwärmt Forscher Unbehaun. «Bis hin zu den Dielen sind esdie authentischen Räume.»