1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Literatur: Literatur: Die Auflagen-Millionärin

Literatur Literatur: Die Auflagen-Millionärin

Von Gudrun Janicke und Marc Strehler 15.09.2008, 07:57
Die Freiberger Romanschriftstellerin Sabine Ebert präsentiert ihren neuen Roman «Die Spur der Hebamme». (Foto: dpa)
Die Freiberger Romanschriftstellerin Sabine Ebert präsentiert ihren neuen Roman «Die Spur der Hebamme». (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Freiberg/Speyer/dpa. - Historische Romane finden in Deutschland nach wie vor ein großesPublikum. Jüngstes Beispiel ist die sächsische Autorin Sabine Ebert,die inzwischen zur Auflagen-Millionärin geworden ist. «Derhistorische Roman boomt», sagt der Sprecher des Autorenkreises QuoVadis, in dem sich rund 100 Autoren solcher Werke zusammengetanhaben, Frank Stefan Becker. Am kommenden Wochenende (19. bis 21.September) treffen sich die Quo-Vadis-Mitglieder zu ihrerJahrestagung in Speyer.

Die Ansprüche der Konsumenten an den historischen Roman sind sehrhoch, selbst Fehler in winzigsten Details verzeiht der Leser kaum.Das weiß auch die Bestsellerautorin Sabine Ebert aus dem sächsischenFreiberg. «Es muss alles stimmen, deshalb ist Recherche sehrwichtig.» Sie wolle sich auf keinen Fall blamieren, sagt dieJournalistin und Autorin der «Hebammen»-Romane.

In ihrer Sachsen-Saga wird die Geschichte der 14-jährigen Martheaus dem Mittelalter erzählt. Als Hebamme und Kräuterkundige ist siemit Siedlern aus dem Fränkischen nach Christiansdorf unterwegs, demspäteren Freiberg.

Eingebettet ist die private Geschichte der Marthe, die zur Frauwird, ihre Liebe findet und Kinder bekommt, in historisch verbürgtesGeschehen. Neben den erdachten Figuren spielen aus der Geschichtebekannte Personen wie fürstliche Häupter aus dem Geschlecht derWettiner mit, auch Heinrich der Löwe oder Barbarossa greifen ein. Derauf fünf Romane angelegte Zyklus führt über einen Zeitraum von 30Jahren. Mit dem gerade herausgekommenem dritten Roman («DieEntscheidung der Hebamme») konnte Ebert zusammengerechnet dieAuflagenmillion knacken.

In ihrem Büro in Freiberg sind in mehreren Regalwänden Materialund Bücher über das Mittelalter gesammelt. «Es gibt Bücher überRechtsprechung, Kleidung, Rüstungen und Heilkunde», sagt dieJournalistin Ebert. Auch biografische Bücher und Akten aus Archivenziehe sie zu Rate. «Dann helfen mir natürlich Historiker, Münzkundleroder Bergbauexperten», erzählt Ebert. Selbst die kleinste Borte oderein Schuh müssten genau in die Zeit passen.

«Alles andere als Detailgenauigkeit würde der Leser übelnehmen».meint Ebert. Die Erklärung für den Erfolg ihrer Romane findet sie inder Post der Fans. «Die Menschen wollen etwas über ihre Vergangenheiterfahren. Geschichte wird für sie durch die erdachten Figuren, die anexistierenden Orten agieren, sehr erlebbar und auch sehr menschlich.»Es überrasche sie immer wieder, wie genau sich die Leser in der Zeitauskennen, wie sehr sie mit dem Leben der Hauptfiguren mitfiebern unddaran Anteil nehmen.

Für die Lektorin Christine Steffen-Reimann vom Verlag Knaur istder Erfolg ihrer Bestseller-Auorin Ebert ein wahrer Glücksfall. «Wirsind immer noch überwältigt», sagt sie. Romane aus der deutschenGeschichte seien zwar derzeit groß in Mode, aber die «Hebammen»-Romane würden das noch toppen. «Der Leser will mit einer spannendenStory in seine Vergangenheit eintauchen.»

Auch Quo-Vadis-Sprecher Becker sieht zum einen ein gewachsenesInteresse an unterhaltsam aufbereiteter Geschichte als Erfolgsgarantdes historischen Romans. Dazu kommt seiner Ansicht nach: «Der Menschsehnt sich in unserer durchorganisierten Zeit nach dem unmittelbarenAbenteuer.» Historische Romane böten eine Reise in eine Zeit, zu derdie Verhältnisse noch klar gewesen seien.

Erstaunlich findet Becker den Erfolg aber auch ein bisschen, weiles Romane über Mittelalter, Römer und Co. deutlich schwerer hätten,in den Medien rezensiert zu werden. «Viele Rezensenten scheuen vorhistorischen Romanen zurück.» Eine gute Besprechung eines solchenBuches verlange nämlich nicht nur eine literarische Einschätzung,sondern auch eine Kenntnis der beschriebenen Zeit.