Literatur Literatur: Christa Wolf veröffentlicht einen neuen Roman

Berlin/dpa. - Das kündigte jetzt der Anfangdes Jahres von Frankfurt am Main nach Berlin umgezogenen SuhrkampVerlag an. Die Autorin habe an dem Buch schon länger gearbeitet,bestätigte eine Verlagssprecherin einen entsprechenden Bericht der«Sächsischen Zeitung» (Dienstag).
In dem Buch folgt Wolf, wie sie in der Verlagsankündigung betont,auch den Spuren von Autoren und Künstlern, die als Emigranten in derZeit des Nationalsozialismus in Kalifornien ein kulturelles Zentrumbildeten, das über Amerika hinaus ausstrahlte. Es waren Künstler undSchriftsteller im Exil, die hier eine neue Heimat fanden wie ThomasMann, Heinrich Mann, Leonhard Frank, Bertolt Brecht und Franz Werfel.«New Weimar unter Palmen» wurde die deutsche Emigrantenkolonie auchgenannt.
Durch einen amerikanischen Freund habe sie darüber hinaus auch«das sonderbare Motiv vom Mantel des Dr. Freud» gefunden, sagte Wolfzum ergänzenden Titel ihres neuen Buches. Die «Stadt der Engel» seiLos Angeles, wo sie Anfang der 90er Jahre einige Monate lang in SantaMonica am Pazifischen Ozean gelebt habe und mit Freunden «diesesStadt-Monster L.A., das auf mich einen starken Sog ausübte», erkundethabe.
Aufzeichnungen über diesen Aufenthalt gäben den Rahmen für denText, bei dem es sich auch um autobiografische Prosa handele, aber«nicht streng den Tatsachen verpflichtet», es gebe auch «fantastischeElemente», betonte Wolf. «Im Kern geht es um eine existenzielleKrise, welche die Erzählerin erfasst und sie zwingt, sich mitWidersprüchen ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen...Es ist, wieso oft bei mir, ein Anschreiben gegen das Vergessen.»
Natürlich gehe es auch um ihre Zeit in der DDR und nach derVereinigung der beiden deutschen Staaten. «Aber die Erinnerung reichtbis in die Kindheit zurück. Mein Leben in drei Staats- undGesellschaftsformen in Deutschland treibt mir eine Fülle von Stoffzu, von der ich etwas aufbewahren möchte.»
Wolf war 1993 nach Kalifornien ausgewichen, um dort in Ruhearbeiten zu können, nachdem im wiedervereinigten Deutschland eineheftige Diskussion um sie und andere frühere DDR-Schriftsteller als«deutscher Literaturstreit» hohe Wellen in den Feuilletons geschlagenhatte. Damals war auch bekannt geworden, dass Wolf in früheren Jahrenvon 1959 bis 1962 von der Stasi zunächst als «GesellschaftlicheMitarbeiterin» und dann als IM «Margarethe» geführt worden war, wasdie Autorin nach eigenem Bekenntnis verdrängt hatte. Dagegen stand,dass sie und ihre Familie seit Ende der 60er Jahre systematisch vonder Stasi ausspioniert wurden.
Die «deutsche Zerrissenheit» hatte in Wolf ein literarischesSprachrohr gefunden, vor allem in ihrer bekannten, von Konrad Wolf1963/64 auch verfilmten Erzählung «Der geteilte Himmel». Zu Wolfsanderen wichtigen Werken gehören die Romane und Erzählungen«Nachdenken über Christa T.», «Kindheitsmuster», «Kein Ort.Nirgends», «Kassandra» und «Medea. Stimmen». 2003 veröffentlichte sieunter dem Titel «Ein Tag im Jahr» Tagebuchauszüge von 1960 bis 2000.