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Letzte Sendung von "Schlag den Raab" Letzte Sendung von "Schlag den Raab": Darum wird Stefan Raab dem deutschen Fernsehen so fehlen

Von Anne Burgmer 18.12.2015, 18:46
Stefan Raab wird sich ein letztes Mal im Sportdress dem großen Fernsehpublikum zeigen.
Stefan Raab wird sich ein letztes Mal im Sportdress dem großen Fernsehpublikum zeigen. dpa Lizenz

Köln - Hans-Joachim Kulenkampff machte sich einen Spaß daraus, „Einer wird gewinnen“ regelmäßig zu überziehen. Und auch Thomas Gottschalk war in „Wetten, dass..?“ ein Meister dieses Fachs. Auch wenn das genaue Einhalten vorab festgelegter Längen eine wichtige Regel des Fernsehens ist, ist es dennoch ein ungeschriebenes Gesetz, dass die großen und erfolgreichen Samstagabendshows sich an keine Längenvorgaben halten müssen. Insofern befand sich Stefan Raab mit „Schlag den Raab“ in guter Gesellschaft. Das Duell Moderator gegen Kandidat zog sich oft bis weit in die Nacht. Damit ist nach diesem Wochenende Schluss. Raab verabschiedet sich an diesem Samstag mit einer letzten Ausgabe der Samstagabend-Spielshow.

Der Kölner war auf so vielen Gebieten aktiv, da geht fast unter, dass es ihm gelungen ist, mit „Schlag den Raab“ die wichtigste und innovativste Samstagabend-Spielshow des neuen Jahrtausends zu erfinden. Mittlerweile ist das Format in 18 Ländern zu sehen. Anders als die großen Showgrößen vergangener Jahrzehnte war Raab nicht nur kommentierender Zuschauer. Kulenkampff, Carrell, Gottschalk schauten sich das Geschehen von außen an, Raab stürzte sich mitten rein. Eine simple Idee, die rasch Nachahmer fand. Letztlich ist etwa „Joko und Klaas – Das Duell um die Welt“ nur eine Fortführung dieses Konzepts.

„Schlag den Raab“ war der beste Beispiel, um zu verdeutlichen, was Raab zu einer Ausnahmeerscheinung im deutschen Fernsehen machte. Er ist einer, der sich hineinstürzt ins Geschehen, er macht sich die Hände schmutzig. Nimmt es gar in Kauf, Verletzungen davon zu tragen. Sein verbissener Ehrgeiz ließ ihn häufig auch gegen Gegner siegen, die ihm eigentlich überlegen waren.

Kein Platz für Nostalgie

Wie wird es nach Raabs Abschied weitergehen mit der Samstagabendunterhaltung? Die Zeit der glamourösen Shows, bei der ein Showmaster über allem steht, ist endgültig vorbei. Raab hat sie mit zu Grabe getragen. Er hat der TV-Form zwar neues Leben eingehaucht, aber auch Raab konnte zu seinen besten Zeiten gerade mal vier Millionen Zuschauer vor dem Fernseher vereinen. Für Shows vergangener Tage wären solche Quoten eine Katastrophe gewesen.

Nostalgiker beklagen oft, dass Showmaster wie Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampff noch in der Lage gewesen seien, generationsübergreifend Familien vor dem vielzitierten „Lagerfeuer“ Fernsehen zu versammeln. Das ist zwar richtig, lag aber vor allem daran, dass die Programm-Auswahl damals schlicht gering bis gar nicht vorhanden war. Wenn in einem Kino nur ein Film liefe, würde auch niemand darüber jubeln, dass sich alle Besucher darauf einigen können. Shows mit mehr als 20 Millionen Zuschauern wird es in Zeiten der Digitalisierung und Fragmentierung des TV-Markts nicht mehr geben. Solche Quoten-Erfolge sind Geschichte.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie sich das fernsehen auch in der Ära des Internets behaupten kann.

Klassisches Fernsehen hat so viel Konkurrenz wie niemals zuvor. Heute lässt sich niemand mehr von einem Fernsehsender vorschreiben, wann er sein Lieblingsprogramm guckt. Mediatheken, Youtube, Netflix, Amazon Prime – das Programm muss jederzeit und überall verfügbar sein. Der Gedanke, dass man sich im Wohnzimmer zu einer von anderen festgelegten Uhrzeit vor einem Fernseher versammeln muss, erscheint Menschen unter 30 geradezu absurd.

Unterhaltungsfernsehen hat aber dennoch eine Zukunft. Immer dann, wenn Fernsehen das Internet nicht als Bedrohung, sondern als Chance begreift, ist Erstaunliches möglich. Die große Unterhaltungsshow lebte zwar immer schon vom Gemeinschaftsgefühl, also von dem Wissen zur selben Zeit mit Millionen von Menschen dasselbe zu schauen. Aber man konnte mit dieser Masse nicht kommunizieren. Man saß allein in der Jogginghose auf dem Sofa. Heute ist es dank Twitter und Facebook möglich, mit Tausenden anderen über das zu diskutieren, was man gerade sieht. Wenn Fernsehen zum Event wird, dann hat es immer noch eine Strahlkraft, die sonst kein Medium erreicht. Daran hat sich nichts geändert. Das Jetzt ist wichtiger denn je. Dafür lieferte auch „Schlag den Raab“ den Beweis.

Teil einer virtuellen Gemeinschaft

Immer dann, wenn Unterhaltungs-Fernsehen live ist, wenn es darum geht, in Echtzeit dabei zu sein, dann kann es sich behaupten. Der Einzelne wird Teil einer großen virtuellen Gemeinschaft. Auch das Dschungelcamp wird in einigen Wochen wieder zeigen, dass Unterhaltungsshows im Fernsehen immer noch – oder vielleicht auch jetzt erst recht – die Kraft haben, zum überall diskutierten Massenphänomen zu werden. Das schafft kein Youtube-Star.

Shows, die den Anspruch haben, alle Altersgruppen und Schichten vor dem Bildschirm zu vereinen, gibt es schon lange nicht mehr. Das ist auch Stefan Raab nie gelungen. Die Zeit der großen Samstagabendunterhaltungsshow für die ganze Familie ist vorbei. Aber Raab hat nicht zuletzt mit „Schlag den Raab“ bewiesen, dass Fernsehen sich immer noch neu erfinden kann, wenn jemand mit Mut, guten Ideen, Ehrgeiz, Herzblut und einer Prise Größenwahn antritt.

Diese Mischung war sein Alleinstellungsmerkmal. Und zur Zeit gibt es niemanden, der diese Lücke im deutschen Fernsehen schließen kann.