Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt: Die Kritik der Kritisierten

Dessau-Roßlau - Viel Aufsehen hat der Landesrechnungshof mit seiner Kritik an zwei der prestigeträchtigsten Bauvorhaben des Landes erregt. Die unabhängige Landesinstitution unter Leitung von Ralf Seibicke (CDU) nimmt in ihrem jüngsten Bericht den bereits begonnenen Um- und Ausbau des Wittenberger Schlosses und in Dessau den geplanten Neubau des Bauhausmuseums ins Visier. Während im Fall Wittenberg auffällt, dass die Einwände des Rechnungshofs außerordentlich detaillierten Fragen des technischen Gebäudemanagements gelten - der Heiz- und Klimatechnik sowie des Brand- und Denkmalschutzes - berühren sie im Fall Dessau die seit Jahren geführte politische Debatte um den Standort.
Hochgerüstete Klageschrift
So oder so wirft die auch verbal hochgerüstete Klageschrift ein paar grundsätzliche Fragen über die Wächterrolle des Rechnungshofs auf. Während der Bericht an anderer Stelle bei der Verwendung von Fördermitteln eines Kinder- und Jugendzentrums den Verdacht auf erhebliche kriminelle Energie in den Raum stellt, geht es bei den Bauvorhaben in Wittenberg und Dessau durchaus nicht um unlautere Machenschaften.
Bei diesen beiden Themen kommt der Leser des Berichts über den jeweiligen Zugriff des Rechnungshofs ins Grübeln. Beim Thema Dessau zitiert der Rechnungshof mehrfach aus einem eigens erbetenen Brief des im Unfrieden geschiedenen früheren Bauhaus-Stiftungsdirektors Philipp Oswalt. Zu dessen Äußerungen lässt der Rechnungshof keinerlei kritische Distanz erkennen. Die Befangenheit dieses Zeugen hätte dem Rechnungshof angesichts des monatelang geführten Disputs zwischen Oswalt und seinem damaligen Dienstherrn, Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD), aber bewusst sein müssen.
So erwähnt der Bericht mit keinem Wort, dass die Standortentscheidung im Stadtrat gefällt wurde, und dass die Empfehlung der Oswalt-freundlichen Kommission für Bauhaus-nahe Standorte an den „Sieben Säulen“ den Abriss eines denkmalgeschützten Gebäudes oder eines voll belegten privaten Mietshauses bedeutet hätte, zudem hatten 2 600 Bürger eine Petition gegen den Standort unterschrieben. Eine Zahl von drei Millionen Euro angeblich günstigerer Kosten für diese Standorte wird genannt, aber es ist höchst zweifelhaft, ob diese überhaupt seriös durchzurechnen sind angesichts ihrer Unwägbarkeiten.
Der Bericht moniert drohende Kostensteigerungen. Das Kultusministerium sagt, der Kostenrahmen von 25 Millionen Euro könne durch eine Kürzung der Ausstellungsfläche um 400 Quadratmeter eingehalten werden. Dazu wird wiederum Oswalt mit dem Satz zitiert, das Bauhaus-Erbe sei damit „nicht mehr in einer Tiefe darstellbar wie es der Besucher erwartet“.
Hier sei ein Vergleich mit den Ausstellungsflächen der geplanten Neubauten für das Weimarer Bauhaus-Museum und das Berliner Bauhaus-Archiv eingeschoben: In Dessau wären es nach der Kürzung 2 100 Quadratmeter, in Weimar sollen es 1 870 für die Ausstellungen sein plus 450 für ein „Schaulager“, Berlin strebt 2 300 Quadratmeter an - das sieht doch eher nach annähernd gleichen Bedingungen aus. Im Übrigen kämpft auch Weimar mit Kostendeckelungen, denen zum Beispiel das Wasserbecken am Vorplatz schon zum Opfer gefallen ist, ein wesentliches Motiv im Entwurf der Architektin Heike Hanada.
Warum sich ein Blick nach Weimar lohnt, lesen Sie auf Seite 2.
In Weimar wie in Dessau nimmt der geplante Museumsbau eine Lage zwischen einem Park und einer urbanen Situation ein. In Dessau gibt es derzeit eine Pro- und Kontra-Debatte um die Bebauung eines (kleinen) Teils des Stadtparks. Es empfiehlt sich der Blick nach Weimar: Der Architekturwettbewerb suchte auch nach der Balance von Stadt- und Parkseite des Neubaus. Der Dessauer Stadtpark könnte mit einem sensiblen Neubau durchaus gewinnen.
Verspäteter Einwand
Auf die Einwände des Rechnungshofs an der geplanten Haustechnik am Wittenberger Schlossprojekt antworten Stadt und Projektträger Saleg auf Anfrage mit dem generellen Hinweis, dass dem Rechnungshof in intensiven Beratungen die Planung erläutert worden, davon im Bericht jedoch nichts widergespiegelt sei. Die Detailtiefe der Kritik legt im Übrigen eine beachtliche Kompetenzfülle in Seibickes Institution nahe. Diese Details haben die Prüfung der Fördermittelgeber über die landeseigene Investitionsbank aber schon durchlaufen, worauf Wittenbergs Oberbürgermeister Eckhard Naumann (SPD) hinweist: „Die kritischen Anmerkungen führten beim (neuen) Südflügel bis hin zur Umplanung.“ Für die Saleg sagt Projektleiter Martin Stein, der Einbau der Feinsprühanlage nach Vorbild der Weimarer Anna-Amalia-Bibliothek sei schon modifiziert worden, bevor der Rechnungshofbericht erschien.
Ein Punkt, der lange vor dem Rechnungshof bereits sehr kritisch diskutiert wurde, ist der Wanddurchbruch zwischen der Schlosskirche und dem neu einzurichtenden Besucherzentrum im Schlossfoyer. Der Rechnungshof sagt, damit seien die Evakuierungsmöglichkeiten bei Brandgefahr nicht wesentlich verbessert worden, aber das ist gar nicht die Hauptsache dieser Maßnahme. Vielmehr soll sie den Besucherfluss zwischen Schloss und Kirche regeln, eine Absicht, die angesichts komplizierter Wegeführung und schmaler Treppen durchaus zu hinterfragen ist. Doch der Bericht kommt zu spät, der Durchbruch ist längst fertig.
Tatsächlich ist der Zeitfaktor das eigentlich Problematische an der Planung. Der Rechnungshof moniert in Wittenberg kostensteigernde und fördermittelgefährdende Verzögerungen, die freilich eher von der Langsamkeit der Fördermittelgeber selbst verursacht wurden. In Dessau (und auch in Berlin) hängt mittlerweile alles am Bund: Ob der die erhoffte hälftige Förderung tatsächlich beschließt, ist nach wie vor nicht sicher. (mz)