Kuranlagen Bad Lauchstädt Kuranlagen Bad Lauchstädt: Melancholie und Aufbegehren
Leipzig/MZ. - Eigentlich war es ein Auftakt, für viele Besucher aber bot das Wochenend-Konzert in Bad Lauchstädt ein lang ersehntes Wiedersehen. Denn schon in den 60er und 70er Jahren hatte die in Wittenberg gebürtige Pianistin Annerose Schmidt hier Zuhörer begeistert - und gern erinnert man sich an faszinierende Auftritte mit der Philharmonie oder dem Händelfestspielorchester unter Horst-Tanu Margraf, dessen Geburtstag sich 2003 zum 100. Mal jährte.
Wie ungebrochen das Interesse an der Künstlerin ist, zeigte nun der Ansturm auf den herbstlich umrahmten Kursaal in Bad Lauchstädt. Und es spricht für die Interpretin wie auch für den Ort, dass beide zu einander wohl eine ganz besondere Affinität haben. So hatte Annerose Schmidt hier auch den Steinway-Flügel eingeweiht, auf dem sie nun einen - vier Konzerte umfassenden - Zyklus von Beethoven-Sonaten zu Gehör bringt.
Bereits das erste Konzert bescherte ein überaus harmonisches Kunsterlebnis: Das gleichermaßen brillante wie ausdrucksvolle Spiel der Pianistin verschmolz in beglückender Weise mit Beethovens ethischer Eindringlichkeit und dem reizvollen Ambiente. Allein mit der Auswahl der Werke - auf das umfassende Klangvolumen des Steinway-Flügels fein abgestimmt - hatte die Pianistin die große Spannbreite der Ausdruckspalette überlegt konzipiert: die stürmische f-Moll-Sonate des 13-Jährigen, die berühmte "Mondschein-Sonate", die der 32-jährige Künstler einer jugendlichen Liebe gewidmet haben soll - und die große Sonate für Hammerklavier, lange Zeit für unspielbar gehalten.
Annerose Schmidt bekannte sich in ihrem virtuosen und dennoch emotional geführten Spiel vorbehaltlos zu Beethovens teils aufbrausender, nahezu dämonischer Sprachgewalt, zu seiner rigorosen Dramaturgie, die zwischen trotzigem Aufbegehren und unendlicher Melancholie keine Grenzen setzt. Freimütig musizierte sie jeden Gedanken aus, bewundernswert und wohltuend waren dabei die emotionale Dichte in den expressiven Passagen, die Innigkeit und die Poesie in jeder dynamischen Abstufung.
Und wenn auch die Transparenz namentlich in kraftvoll-schnellen Sätzen zuweilen zu kurz kam - was zwangsläufig dem modernen Flügel anzulasten ist - so büßten diese doch nichts von ihrer dem Sturm und Drang verpflichteten Intensität ein. Der Fortsetzung darf man erwartungsvoll entgegensehen.
Das Konzert wird morgen um 21.05 Uhr im Deutschlandfunk gesendet.